Polen verschärft Politik gegen Minderheiten

■ Subventionen um Hälfte gekürzt

Warschau (taz) – Polens nationale Minderheiten fürchten eine restriktive Wende der Minderheitenpolitik. Seit dem Amtsantritt der Regierung Pawlak im Herbst des vergangenen Jahres wurden die Subventionen für nationale Minderheiten auf fast die Hälfte zusammengestrichen. Unter der von linker Bauernpartei und ex- kommunistischen Sozialdemokraten gebildeten Koalition kam es zudem zu umfangreichen Personalrochaden in den zuständigen Behörden. Einen wiederholt geforderten Regierungsbevollmächtigten für Minderheitenfragen lehnte Premier Waldemar Pawlak ab.

Aus Protest gegen diese Politik trat die Führung der Minderheitenbüros des polnischen Parlamentes zurück. Von den 38 Millionen Einwohnern Polen gehören 4 Prozent nationalen Minderheiten an. Die größten Gruppen stellen Deutsche, Ukrainer und Weißrussen mit je 300.000 Mitgliedern.

Wie im Kultusministerium unterderhand verbreitet wird, verbindet sich mit dem finanziellen Kahlschlag die Absicht, die Minderheitenpolitik aus der Zuständigkeit des Kultusministeriums in diejenige des Innenministeriums zu übertragen. Das Innenministerium hatte diese Kompetenzen bereits zu kommunistischen Zeiten. Die Beamten und Militärs, die für die Kontrolle der Minderheiten zuständig waren, haben Polens demokratischen Wandel zum Teil unbeschadet im Ministerium überstanden. Daß Polens ziviler Geheimdienst UOP die Minderheiten auch weiterhin beobachtet, ist ein offenes Geheimnis. Und auch die Planer einer Stabsübung für zivile Landesverteidigung gingen letzten Sommer in Mazuren wie selbstverständlich davon aus, daß sich die dort lebenden Minderheiten im Konfliktfall in „fünfte Kolonnen“ verwandeln würden und daher „neutralisiert“ werden müßten. Erst nach Protesten von Minderheitenvertretern entschuldigten sich die Behörden für diesen wenig versöhnlichen Manöverplan.

Auch auf lokaler Ebene ist Polens Regierung dabei, das Rad der Minderheitenpolitik zurückzudrehen: In Przemysl, wo aufgrund historischer Ressentiments immer wieder Konflikte zwischen Polen und Ukrainern aufbrechen, verbündeten sich örtliche Abgeordnete der regierenden Sozialdemokraten und der von der Bauernpartei ins Amt gehievte Woiwode mit antiukrainischen polnischen Nationalisten. Sollte die Regierung sich weiter aus der Finanzierung der Minderheitenpresse zurückziehen, bedeutete dies nach Ansicht von Beobachtern das Ende einer Minderheitenpolitik, die diese Bezeichnung noch verdiene. Die einzige Institution, die dann noch eine solche machen könne, sei die Kirche, die besonders bei orthodoxen Weißrussen, katholischen Deutschen und griechisch- katholischen Ukrainern eine Art Integrationsfunktion wahrnimmt. Klaus Bachmann