Erster Preis für Stroh und Gelatine

■ Econova-Messe zeigt marktfähige Umwelterfindungen

Hannover (taz) – Das Liegefahrad grüßt rechts vom Eingang mit Kabine und Elektorantrieb. Solarzellen auf dem Dach sollen den Strom liefern – überwiegend. Die bunten Schulranzen gegenüber kommen nach mehrjährigen Gebrauch in den Shredder des Herstellers, der sie zu 97 Prozent wieder zu Schulranzen verarbeitet. Das Gerät weiter links, das einer Kafeemaschine gleicht, produziert unentwegt Mineralwasser für die Gäste der „Econova“, der ersten Messe für Umwelterfindungen, die in diesen Tagen das niedersächsische Umweltministerium, der Deutsche Naturschutzring und der Bundesverband Junger Unternehmer gemeinsam in Hannover veranstalten.

Zu sehen sind 120 Beispiele ökologisch sinvoller Produkte, Herstellungsverfahren oder Transportsysteme. Jedes Jahr werden in Deutschland 2.000 Umwelterfindungen als Patent angemeldet. Auf dem Markt setzen sich nur wenige durch, bedauert Niedersachsens Umweltministerin. Das soll die Econova ändern, doch die Auswahl war streng. Nur jede fünfte der 600 eingereichten Erfindungen bestand die Püfung der Jury, die auf umwelt- und gesundheitsverträgliche Materialien achtete, auf geringen Rohstoff- und Energieaufwand, auf Langlebigkeit und Wiederverwertbarkeit. Das Ergbnis ist eine wahrlich bunte Mischung. Da dreht sich in der Mitte der Halle eine Trommel aus Holz, die von links mit Säcken voller Kleiderbügel beschickt wird. Rechts kommen die Bügel einzeln heraus – bisher, so erläutert die Erfinderfamilie, wurden sie im Textilkaufhaus weggeworfen, das Entwirren sei zu arbeitsintensiv.

Styroporkugeln oder -plättchen haben ausgedient, die technische Geräte im Karton sichern. Der Ersatz besteht aus kleinen grauen Zylindern aus Papierschaum, sie sind kompostierbar, der Rohstoff ist Altpapier. Der Alltagsökologie dient der geräusch- und abgasfreie Rasenmäher, der das Gras mit einem Heizdraht absengt. Der qualmlose Grill fängt das Würstchenfett in einer Wasserwanne auf. Transportgewicht und Plastikverpackungen spart der „JoCo“, der wasserlose Kompaktjoghurt: Zuhause könne man die Würfel einfach mit Leitungswasser anrühren, versichert Multi-Erfinder Iradj Hessabi, der auch den Heizdraht- Rasenmäher entwickelt hat.

Weniger spektakulär der fest einzumauernde Kühlschrank, der im Winter die Außenluft energiesparend nutzt. Auch der Tisch, die Sessel und das Surfbrett an der Wand sind recht unscheinbar. Sie haben es in sich. Sie sind aus einem Verbundwerkstoff gefertigt, für den die Landwirtschaft die Rohstoffe liefert: Strohalme, mit Gelatineschaum verklebt und mit Birkensperrholz beschichtet. Der „Naturstoffsandwich“ kann es mit jeder Spanplatte aufnehmen und eignet sich selbst für Ultraleichtflugzeuge. Für den Werkstoff, den er in Braunschweig bei der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Holzforschung entwickelte, wurde Erfinder Frank Möller mit dem niedersächsischen Umweltpreis ausgezeichnet. Jürgen Voges