Tonlose Bewegungen

■ Das Gehörlosentheater „Visuelles Theater“ im Schmidt

Vielleicht muß Betroffenen-Theater immer amateurhaft, charmant dilettantisch und simpel gestrickt sein, weil es mehr um eine „Sache“ als um das Theater geht. Gerade bei einer Gehörlosen-Gruppe, denen das zentrale Element des bürgerlichen Theaters, das gesprochene Wort, fehlt, kann das vorrangige Interesse, die Probleme ihrer Behinderung zu thematisieren, in seiner Didaktik weit wichtiger sein als die nervenaufreibende Arbeit an einer professionellen Inszenierung.

Auch Die Fete, die neue Produktion des Visuellen Theaters Hamburg, ist ein solches Erklärungsstück, das Interesse für die subjektive Sicht einer tonlosen Welt wecken kann, ohne den Unterhaltungswert eines Schülertheaters zu übersteigen. Bei der Premiere im Schmidt-Theater am Montag zählte dann auch mehr als das bemühte frohe Geschehen auf der Bühne, bei dem es um die Beziehungs-, Geschlechts- und Statusprobleme auf einer Gehörlosenparty ging, der Anlaß an sich. Denn die Konfrontation mit einem stillen Saal voller Bewegungen und wortlosen Unterhaltungen über große Distanzen bietet letztlich mehr Stoff für Gedanken als das gedolmetschte bunte Soz.-Päd.-Theater in einer schwarzen Matratzengruft auf der Bühne. So gesehen ist Die Fete ein lohnender Theaterabend, der für eine andere Weltsicht sensibilisiert.

Till Briegleb