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Auf Mission

■ Die „Sparks“ hauchten dem Pop im „Schmidts Tivoli“ neuen Glamour ein

Ronald Day lacht nie. Zumindest nicht auf der Bühne, wenn er als Ron Mael hinter seinem Keyboard steht und ins Publikum starrt. Und damit auch der letzte merkt, wer da wie eine Zeuge Jehovas beim Verkauf des Wachturms scheinbar unbeteiligt dreinstarrt, wer von den Sparks-Brüdern Ron ist und wer Russell (der Sänger), hat Ron, der Ältere, sich ein Namensschild ans Musikinstrument geklebt. Das sieht von weitem wie der Schriftzug des Herstellers „Roland“ aus – statt dessen steht aber „Ronald“ drauf, was für sich genommen nicht sehr lustig, für das Gesamtkonzept der Sparks aber durchaus typisch ist. Das kalifornische Duo liebt die Übertreibung, jene bis zum Exzeß ausgereizten kleinen Gags, die sich zu einem Großen fügen. Das Extreme ist ihr Metier.

Eines, welches sie seit mittlerweile 20 Jahren perfekt beherrschen. Am Montag abend auf der Bühne in Schmidts Tivoli schien es so, als wäre das Bruder-Duo auch nach seinen großen Erfolgen in den 70ern nie wirklich abgetaucht und immer präsent geblieben: mal als Associates, als Erasure oder in Form der Pet Shop Boys. Warum haben wir nicht früher erkannt, wer uns da eigentlich gegenüberstand?

Von nun an sind Irrtümer ausgeschlossen, jetzt, wo die Urväter sich auch offiziell wieder angemeldet haben. Egal ob neues („The Ghost of Liberace“) oder altes Material („This Town...“), das frenetische Publikum wußte um die Bedeutung des Auftritts: Die Sparks sind auf einer Mission, um der heutigen Popmusik neuen Glamour einzuhauchen. Daß sie dabei wie ihre Geisteskinder klingen, ist nicht als Diebstahl zu geißeln: Ron & Russell müssen nichts einfordern, ihnen wird bereitwilligst gegeben.

Das Verhältnis ist dabei ungebrochen, für Ironie kein Platz, allenfalls mal für ein Augenzwinkern. Am Ende lachte sogar Ron lauthals, auch wenn die Stimme nur vom Band kam. Man kann sich halt auch selber zuzwinkern.

Clemens Gerlach

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