Abschiebehäftlinge frei

■ Dank öffentlichem Druck wurden 13 Palästinenser und Kurden sukzessive freigelassen / Viele andere sind noch in Haft

Endlich einmal eine positive Nachricht zu dem sonst so trostlosen Thema Abschiebehaft: Nach und nach sind in der letzten Zeit insgesamt 13 staatenlose Palästinenser und Kurden aus dem Libanon auf freien Fuß gesetzt worden. Das gab die „Initiative gegen Abschiebehaft“ bekannt, deren Mitglieder ähnlich wie bei amnesty international die Häftlinge individuell betreuen.

Die Initiative freut sich über diesen Erfolg, zu dem sie sicher selbst maßgeblich beigetragen hat. Sie weist aber gleichzeitig darauf hin, daß weitere Palästinenser immer noch inhaftiert sind, und das schon seit Monaten, beziehungsweise sogar neu in Abschiebehaft genommen wurden.

„Prinzipiell gehört diese Personengruppe nicht in Abschiebehaft, weil sie gar nicht abschiebbar ist“, so die Initiative. Denn die meisten dieser Staatenlosen besitzen keine gültigen Reisepapiere und werden auch nie welche bekommen, weil die libanesische Botschaft aus Angst vor einer PLO-Unterwanderung ihres Landes für Palästinenser keine Papiere mehr ausstellt.

Statt dieses Politikum öffentlich anzuerkennen, interpretiert die Ausländerbehörde die vielfältigen Schwierigkeiten bei der Paßbeschaffung als individuelle Verweigerung der im Ausländergesetz vorgeschriebenen „Mitwirkungspflicht“ – und das ist ein Haftgrund.

Doch mittlerweile hat ein Verwaltungsgericht dafür gesorgt, daß die Bürokraten diese „Mitwirkungspflicht“ der Ausländer nicht mehr ins Unendliche ausdehnen dürfen. Sie wollten nämlich zwei Inhaftierte dazu zwingen, für die Beschaffung von Paß-Unterlagen aus dem Libanon Verwandte einzuspannen und Bestechungsgelder zu bezahlen. Das Gericht entschied, daß sie Formulare zur Paßbeschaffung ausfüllen müssen, aber nicht mehr. Folge: Die beiden kamen nach über zehn Monaten Haft frei.

Ein weiterer Palästinenser, Nasser M., wurde ebenfalls nach zehnmonatiger Abschiebehaft freigelassen. In seinem Fall hatten sich die Behörden geradezu groteske Schlampereien erlaubt. Er hätte keinen einzigen Tag einsitzen dürfen, denn sein Asylverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

Vor zwei Jahren in Berlin angekommen, hatte er bar aller Sprachkenntnis und Orientierung das ihm zugeteilte Asylheim in Chemnitz nicht gefunden und war hier untergetaucht. Er wurde im Februar 1994 bei einer Personenkontrolle verhaftet. Von seinem Asyl-Anhörungstermin in Chemnitz erfuhr er in der Haft nichts. Folge: Sein Asylgesuch wurde abgelehnt, da er zur Anhörung nicht erschienen war.

Angela Hamaiel von der „Initiative“ konnte nach vielen Mühen seine Freilassung erreichen, außerdem wurde der Ablehnungsbescheid, weil fehlerhaft und an die falsche Adresse geschickt, wieder aufgehoben. „Jemand ohne Begleitung hätte keine Chance gehabt“, sagt sie. Nun hofft die Initiative, daß auch die anderen Betroffenen freikommen. Zumal Innen- Staatssekretär Armin Jäger (CDU) ihr in einem Gespräch vor einigen Wochen eine Überprüfung zugesichert hat. Die Dokumentation, die ihm die Initiative zuschickte, ließ er an seine Fachabteilungen weiterreichen – zur immer noch andauernden „Einzelfallprüfung“. Ute Scheub