Umweltkatastrophe im Teltowkanal

■ Feuerwehr pumpt noch immer ölverschmutztes Wasser ab

Bereits 250.000 Liter mit Heizöl verschmutztes Wasser pumpte die Feuerwehr bis gestern abend aus dem Teltowkanal. Am Mittwoch vergangener Woche hatte die Polizei auf dem Kanal erstmals einen rund zehn Kilometer langen Ölteppich entdeckt. Aus einem Regenwasserkanal nahe eines Industriegebiets fließt seitdem eine ölige Brühe, die nach Auskunft der Feuerwehr langsam weniger werde. Die sechs Ölsperren, die von der Gottlieb-Dunkel- bis zur Siemensstraße gelegt worden sind, konnten inzwischen abgebaut werden, an der Germelmannbrücke ist aber eine neue gelegt worden. Damit ist der Hafen Lankwitz vom Westen aus seit gestern wieder für die Berufsschiffahrt erreichbar. Gestern waren insgesamt zwanzig Feuerwehrleute im Einsatz.

Noch immer soll nicht geklärt sein, wo das Öl genau herkommt. Offenbar ist auf einem Gelände für die Be- und Entladung von Kessel- Wagen ein Unfall passiert. Die Polizei hat der Firma „Brenntag“ auch bereits einen Besuch abgestattet, und die Staatsanwaltschaft ermittelt, doch Firmen-Sprecher Georg Behrendt streitet bislang jede Verantwortung ab: „Uns sind 250 Liter Öl ausgelaufen, aber wir konnten es mit Bindemittel stoppen.“ Bei der Umweltverschmutzung geht es um das Vielhundertfache der von Behrendt eingestandenen Menge.

In den abgepumpten 250.000 Litern sollen 50.000 bis 100.000 Liter Öl schwimmen. Ein halbes Dutzend Tankwagen – einer von der Feuerwehr, der Rest von Privatfirmen gemietet und von den Stadtreinigungsbetrieben – sind ununterbrochen im Dienst, um die „Suppe“ zur Müllverbrennungsanlage in Ruhleben zu transportieren. Dort wird das Öl vom Wasser weitgehend getrennt, doch gibt es bei der Separieranlage Kapazitätsengpässe, so daß einzelne Tankwagen zeitweise als „Zwischenlager“ herhalten müssen, berichtete gestern ein Sprecher der Feuerwehr auf Anfrage. Das übrigbleibende Gemisch wird dann mit Tanklastern zur Müllverbrennungsanlage Schöneiche weitertransportiert, wo mit einem effizienteren Verfahren erneut Öl von Wasser getrennt wird. Die schmierige Flüssigkeit soll verbrannt werden.

Bei der Ölverseuchung handelt es sich um die größte Katastrophe seit zehn Jahren. Doch für das Trinkwasser soll keine Gefahr bestehen. „Wir haben in der Gegend keine Brunnen“, sagte Günter Rudolf von den Berliner Wasserbetrieben. Die Qualität des Gewässers läßt aufgrund jahrzehntelanger Einleitungen aber zu wünschen übrig. Von 1958 bis 1989 „entsorgte“ die Berlin-Chemie täglich drei Millionen Liter mit Chlorkohlenwasserstoffen in den Kanal. An den Grenzbarrieren der ehemaligen DDR haben sich halbmeterdicke Schlammschichten abgesetzt, in denen sich Schwermetalle, Pestizide und DDT angelagert haben. Dirk Wildt