■ Mit der neuen Leuna auf du und du
: Wahlkampföl

Paris (dpa/taz) – Als die Elf- Ölgesellschaft noch dem französichen Staat gehörte, bekam sie das Tankstellennetz Ostdeutschlands von der Treuhandanstalt dafür geschenkt, daß sie versprach, in Leuna die vermutlich überflüssigste Raffinerie Europas zu bauen. Ein Jahr später war die Elf privatisiert, rechnete nach und forderte einen neuen Vertragspartner, der ihr die Verluste vom Hals schaffen sollte.

Kanzler Kohl jedoch hatte die Rettung der industriellen Kerne der ehemaligen DDR versprochen. Der Fall wurde auf höchster Ebene entschieden, die Treuhand präsentierte einen neuen Vertrag. Der russische Ölkonzern „Rosneft“ wolle jenes Anteilspaket übernehmen, das die Elf abgeben wollte. Weniger laut wurde von der Ausfallgarantie der Bundesregierung gesprochen – ohne Rückversicherung beim deutschen Staat hätte die Elf das Projekt aufgegeben.

Kohl gewann die Wahl. Die Kosten, so stellt sich jetzt heraus, waren um 500 Millionen Mark zu niedrig angesetzt worden. Schuld daran seien gestiegene Löhne in Ostdeutschland und Mehrausgaben für Sicherheits- und Umwelteinrichtungen, sagte Phillipe Armand, Generaldirektor der Elf, gestern in Paris. Sind ihm die schon lange vereinbarte Angleichung der Ostlöhne an das Westniveau und die deutschen Umweltgesetze verschwiegen worden?

Wohl kaum. Der Neubau in Leuna wird sich um ein halbes Jahr verzögern, heißt es jetzt. Nachverhandlungen seien erforderlich geworden, Armand habe noch mehr „Partner zur Risikostreuung“ verlangt. Auch dafür ergab sich eine Kanzlerlösung: Weitere 33 Prozent sollen nun die Chemiewerke Buna/ Böhlen übernehmen. Leider fehlt dafür die Zustimmung der Privatierungskandidaten für den Buna-Komplex. Erinnern wir uns an den Aufritt Helmut Kohls vor den Chemiewerkern in Buna. Der Wahlkämpfer brachte eine Absichterklärung der „Dow-Chemical“ mit, wonach der amerikanische Konzern in den Chemiekomplex einsteigen wollte. Nach der Wahl liest es sich ein bißchen kleiner. Wieder sind die Russen dabei, diesmal will der Gaskonzern „Gazprom“ Anteile übernehmen, so ganz nebenbei dürfte eine kleine Staatsgarantie die Zweifel der Amerikaner beschwichtigen. Sicher ist nur, daß die Elf ihren Teil ihrer Tankstellen behalten darf. Niklaus Hablützel