■ Olympisches Nachspiel
: Pilatus Diepgen

Hätte Berlin den Olympia-Zuschlag erhalten, hätte niemand gefragt, wie die Olympia GmbH das Geld ausgab, kalkulierten die politisch Verantwortlichen im Senat. Genauso verschwenderisch wurde dann auch mit dem Geld umgegangen; auch zum eigenen Nutzen. Idealtypisch für die Goldgruben-Mentalität ist der geschäftsführende Kleinbürger aus Aachen, der trotz üppigen Gehalts auch noch auf Familienheimflüge bestand und neben der Hubraumgröße des Dienstwagens auch noch eine Zusatzaltersversorgung herausfeilschte. Der Regierende Bürgermeister weiß genau, daß er den ihm verhaßten Nawrocki nicht fallenlassen kann, ohne daß er dann selbst für die Mißwirtschaft verantwortlich gemacht wird. Er kann aber auch die wachsende Empörung der Menschen über die olympischen Raubritter nicht ignorieren. Schließlich steht Berlin kurz vor der Pleite, und jeder Arbeitnehmer wird ab dem 1. Januar wegen des Wegfalls der Berlin-Zulage merkbar weniger in der Lohntüte haben.

Diepgen, der genug politischen Instinkt besaß, die von der Olympia GmbH für seine Familie bestellten Flugtickets für die Olympischen Spiele in Barcelona zurückzugeben, weiß auch um die Geste zur rechten Zeit. Deshalb wird nun die Operation „saubere Hände“ gestartet und einem Untersuchungsausschuß zugestimmt, den die Opposition sowieso einrichten würde. Anbrennen, so hofft man, könne dort nicht viel: ein Teil der Akten ist vernichtet, Nawrocki wurde bereits entlastet, und problematische Fälle werden in den Grauzonen einer Unternehmens-Konstruktion verschwinden, die mit Steuergeldern und privatem Kapital gleichzeitig arbeitete.

Überraschend erscheint die Zustimmung deshalb nur auf den ersten Blick. Wenn man etwas nicht verhindern kann, springe man auf den Zug auf und bremse dann unauffällig, heißt die machiavellistische Regel. Vorgeführt wird diese Blockadetaktik gegenwärtig im Mykonos-Ausschuß, den die CDU ebenfalls mit beantragte, um sich ein Antragsrecht zu sichern. Das nutzt die CDU-Fraktion nun, um die Aufklärung von Innensenator Heckelmanns Versagen mit unsinnigen Aufträgen zu verschleppen. Die vorweihnachtliche Geste Diepgens entspringt deshalb keiner späten Reue, sondern zielt darauf, sich öffentlichkeitswirksam die Hände in Unschuld zu waschen. Gerd Nowakowski