Staat spendiert Milliarden für Buna

Treuhand verkündet heute den Verkauf des Chemieherstellers in Schkopau an den US-Konzern Dow Chemical / 3.600 Arbeitsplätze bleiben dank hoher Staatszuschüsse erhalten  ■ Von Annette Jensen

Berlin (taz) – Zehn Tage vor ihrem Ableben herrscht Festtagsstimmung in der Treuhand. Mit sonorer Stimme wird Privatisierungschefin Birgit Breuel heute den Verkauf von Buna an den US- amerikanischen Chemiekonzern Dow Chemical verkünden. Von Verkauf kann allerdings schwerlich die Rede sein: Nur dank enorm hoher Dreingaben erklären sich die Nordamerikaner bereit, den einst von Kanzler Helmut Kohl zum industriellen Kern erkorenen Kunststoffhersteller zu übernehmen.

Noch erwirtschaftet Buna jährlich zwischen 300 und 400 Millionen Mark Verlust bei einem nur etwa doppelt so hohen Umsatz.

Das miserable Ergebnis aber soll sich in den nächsten Jahren dank immenser Investitionen verbessern. Treuhand-Vorstand Klaus Schucht ist überzeugt, daß Buna in etwa vier Jahren schwarze Zahlen schreiben kann. Geplant ist der Bau einer hochmodernen Crackeranlage bei den Sächsischen Olefinwerken (SOW) in Böhlen, die die Treuhand mit Buna zu einem Olefinverband zusammengeschlossen hat. Die Anlage zur Erzeugung von Ethylen soll mit Gas betrieben werden, das die russische Gazprom liefert und wofür sie zu einem noch nicht bekannten Teil an dem Projekt beteiligt wird. Da Gas entschieden preiswerter ist als das üblicherweise zur Herstellung des Plastikgrundstoffs verwendete Erdöl, hofft Dow Chemical auf eine gute Ausgangsposition in der Konkurrenz zu den westdeutschen Chemieriesen.

Die deutlich anziehenden Weltmarktpreise nach dem Ende der Rezession wecken wohl ebenfalls Gewinnhoffnungen, obwohl viele Kenner der Branche bezweifeln, daß sich Grundstoffchemie langfristig in Deutschland noch rechnen kann.

Außer den in Sachsen-Anhalt üblichen Höchst-Investitionszuschüssen von 23 Prozent bekommt Dow Chemical noch weitere großzügige Unterstützung von der Treuhand und der Landesregierung in Magdeburg. Die Breuel- Behörde hat bereits die Kosten für den Bau einer Gaspipeline vom Chemiedreieck zum Rostocker Hafen zugesagt, wo die russischen Gastanker gelöscht werden sollen. Knapp 400 Millionen Mark sind dafür veranschlagt. Auch die Sanierung der Altlasten übernehmen Staats- und Landeskasse. Wieviel der Erhalt von 3.600 Arbeitsplätzen in Schkopau den Staat letztlich kostet, ist nicht klar. Sicher ist nur, daß es sich um weitaus mehr als die jetzt zugesagten Investitionshilfen von knapp drei Milliarden Mark handelt.

Das Wirtschaftsmagazin Forbes berichtet, daß Sachsen-Anhalt den US-amerikanischen Investoren nicht nur Infrastrukturvorteile wie ISDN-Leitungen und Datenanschlußstellen zugesichert hat. Auch jeder neue Arbeitsplatz soll mit einer Million Mark Steuergeldern aus der Landeskasse gefördert werden.

Zur Zeit aber rollt bei Buna weiter die Entlassungswelle: Von einst 18.000 Leuten sind noch gut 4.500 übrig. Und wenn Dow Chemical einsteigt, sind es bald noch mal fast tausend weniger.