Viel bekannter als Groß Pampau

■ Ein Dorf mit 660 Seelen, das alle zehn Jahre in die Schlagzeilen gerät: Klein Pampau, atomwaffenfrei und dynamisch

Das Dorf Klein Pampau bei Büchen gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Als atomwaffenfreie Zone, als bundesweites Musterbeispiel für eine Ortssanierung und als Gemeinde, in der die Kommunalwahl nunmehr am 8. Januar 1995 wiederholt werden muß. Mit diesen Dingen hat stets auch eine Sprengstoffabrik zu tun, die dort 1919 gebaut und bereits 1926 wieder stillgelegt wurde. Mit dem Erbe aber schlägt sich das 660-Seelen-Dorf noch heute rum. Und die Fabrik ist auch einer der eigentlichen Gründe, warum die örtliche Gemeindevertretung noch einmal gewählt werden muß: Der Wahlleiter hatte versäumt, die „Aufforderung zur Einreichung von Wahlvorschlägen“ zu veröffentlichen.

Zwar haben beide am Ort aktiven Gruppierungen rechtzeitig ihre Vorschläge eingereicht, doch: „Die Hauptsatzung der Gemeinde ist nicht beachtet worden“, pocht Horst Born, Fraktionsvorsitzender der Freien Wählergemeinschaft (FWG), auf geltendes Recht. Theoretisch hätte sich ein Kandidat mangels Veröffentlichung nicht melden können, deshalb muß die Wahl nach einem Beschluß des Verwaltungsgerichtes Schleswig wiederholt werden.

Hintergrund der von einem FWG-Mitglied eingereichten Klage ist die im März äußerst knapp ausgegangene Kommunalwahl, die seit 1990 die Geschicke der Gemeinde bestimmende FWG unterlag der SPD mit 48,8 zu 51,2 Prozent, das entspricht elf Stimmen. Politische Hauptstreitthema ist die Sprengstoffabrik. Zwar sei die Sanierung des Fabrikgeländes eine gelungene Sache und für das Dorf eine Bereicherung, betonte Horst Born, nur das Verteilen der Lasten sei ungerecht und entspreche nicht dem, was die SPD den Bürgern jahrelang erzählt hat.

Die Saat für diesen Streit wurde 1919 ausgebracht. Westlich des Dorfes mit damals 50 Seelen entstand bis 1924 auf 23 Hektar eine Dynamitfabrik. Schon 1926 wurde der Laden stillgelegt; die Anlage aber blieb weitgehend erhalten.

Glücklich über die billigen Behausungen quartierten sich dort in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges Flüchtlinge ein. Fast 30 Jahre existierte dieses letzte norddeutsche Elendsviertel. In den siebziger Jahren dann wurde Klein Pampau zu einem Modellfall des Städtebauförderungsgesetzes, ehe dies überhaupt in Kraft trat: Mit Millionen aus Bonn und Kiel wurde das Dorf völlig umgekrempelt.

Nach der Sanierung begann der Streit über die Verteilung der Lasten. Denn einen Teil der Sanierung und die damit verbundene Wertsteigerung müssen die 126 Grundstückseigentümer der Siedlung mit Ausgleichsbeträgen selbst bezahlen. Die durchschnittlich 23.000 Mark pro Grundstück sind 13 Eigentümern jedoch zuviel – auch wenn die tatsächliche Wertsteigerung der Grundstücke viel höher liegt. Nun wird geklagt.

Damit müssen sich möglicherweise erneut höchste Gerichte beschäftigen, für kurze Zeit wird dann Klein Pampau (660 Einwohner) wieder das, was das benachbarte Groß Pampau (120 Einwohner) nie war: bundesweit bekannt. Wie 1983, als die von einer Pulverfabrik geprägten Nachrüstungsgegner das Dorf zu „Norddeutschlands erster atomwaffenfreien Zone“ erklärten und gemeinsam mit anderen Gemeinden gegen den Nato-Doppelbeschluß vor höchste deutsche Gerichte zogen. Sven Bardua,