■ Mit der Geldmenge auf du und du
: Keine Bewegung!

Berlin (taz/dpa) – Alle Jahre wieder bestimmen die Bundesbanker das Geldmengenziel. Kurz vor Weihnachten steigen sie herab, um Volk und Regierung zu verkünden, wieviel Geld die Republik im nächsten Jahr brauchen sollte. Der Rahmen darf nicht zu eng sein, um die Wirtschaft nicht durch mangeldes Geld zu fesseln. Andererseits aber dürfen auch nicht zu viele Scheine und Münzen, Sichteinlagen, Termingelder bis vier Jahre und Spareinlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist – kurz M3 genannt – zirkulieren, damit die Inflation nicht angeheizt wird. Geld und Gütermenge sollen also im Gleichschritt wachsen.

Mit ihrer Zinspolitik versucht die Bundesbank, den Zielkorridor, den sie sich setzt, einzuhalten. Ihr immer wieder erklärtes Ziel: Stabile Preise durch eine harte Mark. Ob es allerdings tatsächlich den stets beschworenen direkten Zusammenhang zwischen M3 und Inflation gibt, bezweifeln inzwischen immer mehr Ökonomen. Denn obwohl M3 in den letzten Jahren zeitweise immens gewachsen ist, kam es keineswegs parallel dazu zu einer entsprechenden Geldentwertung.

Gestern nun hatte sich Wirtschaftsminister Günter Rexrodt selbst zur beschaulichen Sitzung des Zentralbankrats in Frankfurt eingeladen. Tatsächlich gaben die Bundesbanker genau wie im letzten Jahr und genau wie erwartet ein monetäres Wachstum von vier bis sechs Prozent vor.

Zwar hat die Bundesbank sehr wahrscheinlich dieses Jahr ihr Geldmengenziel wieder verfehlt – eine Erfahrung, die sie seit 1975 bereits neunmal machen mußte. Aber nachdem die Geldmenge im Januar um satte 20,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gewachsen war, hatte kaum jemand damit gerechnet, daß der Zielkorridor dann zu Jahresende doch noch fast erreicht wurde. Seit dem Sommer war M3 fast stabil geblieben. Die Wachstumskurve wurde flacher, so daß die Bundesbank im November erstmals nur sechs Prozent Geldmengenwachstum melden konnte.

Daß sechs Prozent mehr Geld und nicht etwa eine gleichbleibende Menge als Stabilitätsgarant gilt, liegt am kapitalistischen Wachstumscredo. Gerhard Grebe vom Frankfurter Bankhaus Bär interpretiert den Wert so: Drei Prozent Wirtschaftswachstum, zwei Prozent unvermeidliche Preissteigerung und ein Prozent Ausgleich dafür, daß das Geld für seinen Umlauf eine gewisse Zeit braucht.

Inzwischen wird in Börsenkreisen spekuliert, wann die Bundesbank wieder höhere Zinsen verordnet. Kaum jemand glaubt, daß sich die Währungshüter noch einmal zu einer Senkung hinreißen lassen, wie noch im vergangenen Frühjahr. Seit Ende Juli sind alle Zinssätze hierzulande fix. Derweil kostet in den USA Geld immer mehr. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann die Frankfurter nachziehen. aje