Mehr Macht den Bezirken?

■ Verwaltungsreform: Nicht viel, aber ein bißchen mehr Eigenständigkeit für die sieben Bezirke / Runde will Ortsämter schließen Von Uli Exner

Eugen Wagner würde das Problem wohl so lösen: Mehr Macht für die Bezirke? So'n Schiet – Bezirke abschaffen, das isses!

Der Mann hat keine Chance, Bausenators Traum von der zentralen Alleinherrschaft des Senats wird sich nicht verwirklichen lassen.

Voraussichtlich Mitte kommenden Jahres wird der Senat der Bürgerschaft ein neues Bezirksverwaltungsgesetz vorlegen, das zumindest ansatzweise eine Dezentralisierung stadtstaatlichen Handelns vorsieht. Devise – ein bißchen mehr Macht, zumindest aber mehr Eigenständigkeit für die sieben Hamburger Bezirke.

Zwar werkelt die zuständige Senatskommission für die Verwaltungsreform, angeführt von Justizressortchef Klaus Hardraht, derzeit noch an einem entsprechenden Gesetzentwurf. Zwar sehen die Senatoren Wagner und Vahrenholt noch reichlich Grund zum Mäkeln. Doch über die zentralen Punkte der Reform besteht in dem 21-köpfigen Gremium inzwischen weitgehend Einigkeit. Danach:

sollen die Bezirksverwaltungen künftig unter anderem allein zuständig sein für Bebauungs- und Landschaftspläne, Naturschutzgebiete, Stadtteilkultur, Altenhilfe, möglicherweise auch für Bau- und Unterhaltung öffentlicher Wege;

bekommen die Bezirksversammlungen ab 1996 wesentlich mehr eigene Haushaltsmittel, über deren Verwendung sie selbst beschließen können;

wird der oder die BezirksamtsleiterIn künftig auf diesem Weg berufen: Die Stelle wird öffentlich ausgeschrieben, der Senat wählt einen Kandidaten aus, der sich dann der Bezirksversammlung zur Wahl stellt. Bekommt er keine Mehrheit muß der Senat einen neuen Vorschlag machen.

Und wenn die oder der dann auch wieder durchfällt?

Das ist eine jener Fragen, an denen sich die Senatskommission im Januar noch abarbeiten darf. Während die Senatsvertreter spätestens nach dem dritten gescheiterten Kandidaten die Entscheidung in die Hände des Ersten Bürgermeister legen möchten, hätten die in die Kommission geladenen Bezirksvertreter das letzte Wort lieber der Bezirksversammlung überlassen. Mögliche Kompromißlinie: Bis zu einer Einigung zwischen Parlament und Senat beruft der Bürgermeister einen kommissarischen Amtsleiter.

Eine Lösung, mit der sich auch Henning Voscherau abfinden könnte. Der Senatschef hatte bisher darauf bestanden, die BezirksamtsleiterInnen im Alleingang ernennen zu können, war damit aber unter anderem auf den hartnäckigen Widerstand seiner Parteigenossen in den Bezirken und der Statt Partei getroffen.

Weitere noch nicht ausgeräumte Konfliktpunkte zwischen Senat und Bezirk:

– die Größe der Bezirksversammlungen und die Zahl ihrer Ausschüsse;

– das Recht der Parlamente, sich auch mit Themen zu befassen, für die sie nicht unmittelbar zuständig sind, die aber lokale Bedeutung haben, wie zum Beispiel die Einrichtung von Tempo-30-Zonen oder die vierte Elbtunnelröhre;

– der Fortbestand der bisher selbständigen dreizehn Ortsämter, von denen Finanzsenator Ortwin Runde zwecks Einsparung von Planstellen zumindest einige zu bloßen Dienststellen der Bezirksämter degradieren möchte.

Bei allen Dezentralisierungstendenzen: Das letzte Wort werden im Zweifelsfall auch künftig Eugen Wagner und Kollegen haben. Das sogenannte Evokationsrecht (die Anordnungsbefugnis) des Senats bleibt auch im neuen Bezirksverwaltungsgesetz unangetastet.