Der kleine Gipfel der großen Drei

Ägypten, Syrien und Saudi-Arabien besorgt über den Kollaps der arabischen Position gegenüber Israel / Einbeziehung Iraks in den nahöstlichen Friedensprozeß diskutiert  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Die arabische Annäherung an Israel zu bremsen und in geregelte Bahnen zu lenken, das war wohl das unerklärte Ziel eines allerorten unerwarteten Gipfeltreffens in Alexandria: Die drei Großen der arabischen Welt haben sich Mitte dieser Woche überraschend in der ägyptischen Hafenstadt zusammengefunden: Ägypten, der traditionelle Friedensvermittler, Syrien, der Schlüssel für den Erfolg der weiteren Nahost-Gespräche, und Saudi-Arabien, die finanzkräftige Nummer eins der Golfstaaten.

Offiziell, lies der ägyptische Informationsminister verlauten, ging es bei den Gesprächen zwischen den Präsidenten Mubarak und Asad und König Fahd darum, die Atmosphäre zwischen den arabischen Staaten zu verbessern. Was sich hinter diesem diplomatischen Satz verbirgt, ist die Sorge um den endgültigen Zusammenbruch der arabischen Position gegenüber Israel. Noch nie seit dem Golfkrieg waren sich die arabischen Länder so uneins wie heute. Mit Mißmut beobachtet vor allem der syrische Präsident Asad die Eile, mit der einige Golf- und Maghreb-Staaten, sich um intensive Kontakte zu Israel bemühen. Es herrscht fast ein Konkurrenzverhältnis, um die Frage, wer zuerst auf den Zug aufspringen darf. Der arabische Wirtschaftsboykott gegen Israel weicht von seiten der Golfstaaten zusehends auf. Jordanien, Marokko und Tunesien arbeiten eifrig an dem Ausbau ihrer Beziehungen zu Israel. Als vor wenigen Tagen der israelische Ministerpräsident zu einem Besuch in Oman eintraf und der saudische Mufti letzte Woche in einer fatwa – einem religiösen Rechtsgutachten – den Besuch der heiligen Städten in Jerusalem erlaubte, da leuchteten nicht nur in Damaskus die Alarmlichter.

Wie syrische Diplomaten am Rande des Gipfels verlauten ließen, sind wichtige Fragen wie die israelische Besatzung des Golan, des Südlibanon oder des Westjordanufers auch weiterhin ungelöst. Wozu also die Hast? Eine Frage, die inzwischen auch in den staatlichen Medien Ägyptens gestellt wird. In Kairo beklagt man zunehmends, ein strategisches Gut – die profitable Vermittlerrolle zwischen Israel und der arabischen Welt – verloren zu haben. Heutzutage verhandeln die arabischen Hauptstädte direkt mit Israel. Das Land am Nil bleibt außen vor. Saudi-Arabien soll vor dem Gipfel von Syrien gebeten worden sein, bei seinen Golfkollegen die Zügel anzuziehen. Auf keinen Fall, so bittet Damaskus, soll die Golfmonarchie Beziehungen zu Israel aufnehmen, bevor es konkrete Ergebnisse in den in Washington fortzuführenden israelisch-syrischen Verhandlungen gebe.

Bezeichnend ist auch, wer auf dem Gipfel nicht eingeladen ist. Weder der jordanische König Hussein noch PLO-Chef Arafat, die zwei Hauptakteure der bisherigen Nahostverhandlungen sind mit von der Partie. Ihre Alleingänge verstimmen das auf arabische Koordination bedachte Damaskus.

Bleibt noch das Thema Irak. Drei Jahre nach dem Golfkrieg ist der arabische Bruderstaat durch den Wirtschaftsboykott weiterhin zur Bedeutungslosigkeit degradiert. In Kairo werden schon seit längerem Stimmen laut, die eine Wiedereinbindung Irak in das nahöstliche System einfordern. Der irakische Delegierte bei der Arabischen Liga in Kairo gehört inzwischen wieder zu den ständigen Gästen im Kairoer Außenministerium. Ein Besuch des irakischen Außenministers in der ägyptischen Hauptstadt ist in Vorbereitung. Es wäre der erste dieser Art seit dem Golfkrieg. Selbst der irakische Erzrivale Syrien macht sich für Irak stark. „Irak hat in bezug auf die Erfüllung der UN-Resolutionen Fortschritte gemacht“, bestätigte der syrische Außenminister noch vor dem Gipfeltreffen in Alexandria. Szenarien, in denen auch Irak unmittelbar in den nahöstlichen Friedensprozeß mit einbezogen werden soll, werden offen diskutiert. Die syrischen Zeitungen zeigten sich optimistisch. Sie bezeichneten den Gipfel in Alexandria als den „Anfang von Ende der arabischen Spaltung“.