Noch einmal 45.000 Mark für Nawrocki

■ Olympia-GmbH-Chef läßt sich Liquidation teuer bezahlen / Senatskanzlei bestätigt, daß Hotelzimmer insgesamt 772.000 Mark kosteten / Flüge der Nawrocki-Kinder auf Olympia-Kosten waren korrekt

Der ehemalige Geschäftsführer der Olympia GmbH, Axel Nawrocki, soll nach Informationen der taz in diesem Jahr noch einmal 45.000 Mark für die Liquidation des Unternehmens erhalten. Der Leiter der Senatskanzlei, Volker Kähne, wollte diese Zahl nicht bestätigen, sondern betonte, man sei noch in Verhandlungen mit Nawrocki.

Der in der Senatskanzlei für die Olympia-Bewerbung zuständige Leitende Senatsrat Dietrich Hinkefuß verwies darauf, daß Nawrocki über die für die Liquidation notwendige Kenntnis der geschäftlichen Vorgänge verfüge. Ein auf solche Aufgaben spezialisierter Steueranwalt sei keine Lösung. Dieser könne die internen Entscheidungen nicht nachvollziehen und verursache bei Honoraren von rund 300 Mark pro Arbeitsstunde ebenfalls erhebliche Kosten.

Nawrocki hatte bereits Anfang 1994, nach Ende seines Vertrags, 50.000 Mark erhalten. Damit sollten die Abwicklungsarbeiten honoriert und nicht genommene Urlaubstage abgegolten werden. Die nachträglichen Zahlungen entstehen, weil es das Land Berlin versäumte, mit Nawrocki vertraglich die Pflicht zur Liquidation der Gesellschaft zu vereinbaren.

Für die Buchung von nur teilweise genutzten Hotelzimmern während der Olympischen Spiele in Barcelona 1992 wurden insgesamt 772.230 Mark ausgegeben. Die Senatskanzlei bestätigte nach Überprüfung einen Bericht der taz. Anfänglich hatte es geheißen, für die Hotelzimmer seien rund 660.000 Mark ausgegeben worden.

Die Olympia GmbH hatte über einen Makler Hotelzimmer im Zentrum von Barcelona angemietet, weil das ursprünglich gebuchte Hotel zu weit von den Sportstätten entfernt lag. Allein der Makler kassierte dafür 74.000 Mark. In der Bilanz der Olympia GmbH sei der Betrag von 772.000 Mark auch korrekt verbucht, erklärte Senatsrat Hinkefuß; lediglich in den internen Unterlagen habe es „Rechenfehler“ gegeben.

Hinkefuß betonte, bislang gebe es nach Überprüfung der Unterlagen „keinen Sachverhalt, der strafrechtlich relevant ist“. Nawrocki habe eingeräumt, daß er die nach dem öffentlichen Zuwendungsrecht notwendige schriftliche Anzeige über beabsichtigte Überschreitungen des Haushaltsplans unterlassen habe. Doch sei der Aufsichtsrat der Olympia GmbH unter dem Regierenden Bürgermeister Diepgen immer informiert gewesen.

Die Prüfer der Senatskanzlei waren es wohl nicht. Die nämlich monierten im September 1994 „enorme Verschiebungen zwischen dem Ist und dem Soll“. Etliche Posten im Haushaltsplan für 1992 hatten sich verdoppelt und verdreifacht. So kostete die Bewerbungsschrift für das Internationale Olympische Komitee nicht 300.000 Mark, sondern 1,08 Millionen Mark – eine Steigerung von 236 Prozent. Spitzenreiter: die Kosten für die Werbeagentur. Die steigerten sich von kalkulierten 200.000 Mark um 464 Prozent auf 1,128 Millionen Mark.

Senatsrat Hinkefuß versicherte, daß keine zusätzlichen Kosten entstanden seien, weil dafür an anderer Stelle gespart worden sei. So habe die Olympia GmbH im Jahre 1993 insgesamt 5 Millionen Mark weniger ausgegeben, als der Wirtschaftsplan vorsah. Korrekt seien auch die über die Olympia GmbH abgerechneten Flüge der Kinder von Nawrocki. In seinem Vertrag habe sich Nawrocki wöchentliche Heimflüge zum Wohnort Aachen ausbedungen; in den

Fällen,

in denen er dies nicht habe wahrnehmen können, hätten Familienangehörige nach Berlin reisen dürfen.

Auch die nachträgliche Forderung von 900.000 Mark Miete für die Räume der Olympia GmbH im sogenannten Ribbeck-Haus in Mitte sei ein „völlig harmloser Vorgang“. Beim Einzug des Unternehmens sei die Bürofläche nicht vermessen worden; die Olympia GmbH habe deshalb weit mehr Platz belegt, als ursprünglich geplant. Ein Schaden sei dadruch aber nicht entstanden, weil das Gebäude dem Land Berlin gehöre.

Antrag für U-Ausschuß kommt nächste Woche

Voraussichtlich in der kommenden Woche werden die Oppositionsfraktionen im Abgeordnetenhaus ihren gemeinsamen Antrag für einen Untersuchungsausschuß einbringen. Die Abstimmungen zwischen Bündnis 90/ Die Grünen, PDS und FDP seien weit vorangeschritten, hieß es. CDU und SPD wollen ihre Position vom Untersuchungsauftrag abhängig machen.

Das Gremium soll insbesondere die Vorwürfe der Verschwendung von öffentlichen Mitteln aufklären und prüfen, wie der Aufsichtsrat seiner Aufsichtspflicht nachgekommen ist. Trotz zahlreicher Ungereimtheiten hatte die Gesellschafterversammlung Mitte Dezember den GmbH-Chef Axel Nawrocki und den Aufsichtsrat für das Jahr 1993 entlastet.

Für die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses sind die Stimmen von 25 Prozent der Abgeordneten (60) notwendig. Die drei Oppositionsfraktionen und das Neue Forum kommen zusammen auf 61 Parlamentarier. Die Sozialdemokraten werden turnusgemäß den Ausschußvorsitzenden stellen. Gerd Nowakowski