Ein Biß in den schwarzen Apfel

■ FAZ berichtet über grünes Strategiepapier zu Schwarz-Grün

Berlin (taz) – Über „viele Klippen und Abgründe auf dem Weg zu schwarz-grünen Koalitionen“ schrieb in ihrer gestrigen Ausgabe die FAZ – und schon war's passiert. Das spektakuläre bündnisgrüne Strategiepapier zu Schwarz-Grün, über das ausführlich und an prominenter Stelle berichtet wurde, erwies sich als Fake. Der „sorgt“ seither, wie schon die Unterzeile des Textes vorausgesehen hatte, „für Aufregung“. Nur nicht bei den Bündnisgrünen.

Der vierseitige schwarz-grüne „Denkanstoß“, der unter anderem mit den Namen der grünen Bundestagsabgeordneten Michaele Hustedt, Volker Beck und Ulrike Höfken-Deipenbrock unterzeichnet ist, war in der stillen Zeit zwischen den Jahren als „internes Papier“ verschickt worden. Entwickelt wird dort, unter der seltsam- knalligen Titelfrage – „wie setzen wir unsere Inhalte schnell und effektiv durch?“ – eine „Vision“, die in ihrer aufrichtig-kraftvollen Direktheit so ziemlich alle taktischen Rücksichten des innergrünen Strategiediskurses vermissen läßt: „Wir wollen grüne Politik JETZT durchsetzen, nicht erst in 4, 8 oder 12 Jahren. Wir sagen: Dazu müssen wir auch mal in den schwarzen Apfel beißen.“

Gebissen hat die FAZ, die in Sachen Schwarz-Grün bereits zuvor durch ausführlich-offene Berichterstattung aufgefallen war. Was selbst begeisterte Schwarz-grün- Sympathisanten so kaum formulieren würden, hier war es getan: „Wir verbinden gute Wirtschaftspolitik (CDU) mit guter Umweltpolitik (B 90)“, propagiert das Papier unter dem Stichwort: „Vorteile“ des neuen Koalitionsprojektes. Weitere Vorzüge: „Wir können unsere Politik endlich durchsetzen.“ In diesem Sinne, so die Strategie, könne die Union „Einfluß auf die Wirtschaft (grüner Punkt etc.) nehmen.“ Doch auch die „Nachteile“ werden nicht verschwiegen. Hauptwiderspruch: „Die CDU bleibt an der Macht“. Doch zur Überwindung der Schwierigkeiten bei der innerparteilichen Durchsetzung des Projektes ist guter Rat billig: „das müssen wir durch harte Koalitionsverhandlungen wettmachen.“

Nach dem Autor des Fakes wird seit gestern gefahndet. Nur soviel ist klar: ein Freund schwarz-grüner Perspektiven dürfte es kaum gewesen sein. In der taz-Redaktion jedenfalls ist der morgendliche Ärger, der sich bei der gestrigen FAZ- Lektüre eingestellt hatte, inzwischen abgeklungen. Manchmal hat eben – selbst in Sachen „Grüne“ – die Konkurrenz die Nase vorn. Matthias Geis