Stichtag 20. Januar

■ Längerer Abschiebestopp für Kurden?

Bonn/Ankara (dpa/AP) — Der bis zum 20. Januar befristete Abschiebestopp für kurdische Flüchtlinge in die Türkei muß vermutlich verlängert werden. Aus Justizkreisen in Ankara wurde gestern bekannt, daß die schriftliche Begründung des international kritisierten Urteils gegen acht kurdische Parlamentsabgeordnete von Anfang Dezember noch nicht fertiggestellt ist. Ohne diese Begründung kann die Bundesregierung jedoch nicht entscheiden, ob der Abschiebestopp aufgehoben werden soll. Wie es in Ankara hieß, wird die schriftliche Version etwa 400 Seiten umfassen. Sie müßte nach ihrer Fertigstellung ins Deutsche übersetzt werden, bevor sie von der Bundesregierung geprüft werden kann.

Der türkische Staatsgerichtshof hatte die acht Parlamentarier Anfang Dezember wegen angeblicher Kontakte zur PKK zu Haftstrafen bis 15 Jahre verurteilt. Daraufhin stimmte Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) einem bundesweiten Abschiebestopp für Kurden bis zum 20. Januar zu. Justizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger (FDP) sprach sich gestern dafür aus, den Abschiebestopp über den 20. Januar hinaus auszudehnen.

Von Januar bis November 1994 wurden 3.282 Türken aus Deutschland in ihre Heimat abgeschoben. Darunter hätten sich 1.443 abgelehnte Asylbewerber befunden, teilte die Bundesregierung gestern auf eine parlamentarische Anfrage der PDS mit. Wieviele von ihnen Kurden gewesen seien, sei nicht bekannt. Außerdem liegen der Bundesregierung nach eigenen Angaben keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die Türkei ihre Landsleute, die sich kritisch über die Politik der Regierung in Ankara äußern, durch Strafanzeigen einschüchtert. Ein solches Vorgehen würde sie auch nicht billigen, betonte die Regierung in ihrer Antwort auf eine Parlamentsanfrage der Bündnisgrünen.