Rep stürzt Heym?

■ Nach Rep-Einspruch drohen Bundestags-Neuwahlen in Mitte und Prenzlauer Berg und neues Duell Thierse mit Heym

Der Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, kann sich über Arbeit nicht beklagen. 1.155 Einsprüche wurden nach dem 16. Oktober an den Ausschuß geschickt. Unter dem Berg an Papier hat der SPD-Politiker einen „politisch und rechtlich höchst interessanten Fall“ ausgemacht. Ausgerechnet ein Einspruch des Berliner Landesverbandes der rechtsextremen „Republikaner“ (Reps) könnte nämlich möglicherweise dazu führen, daß der Schriftsteller Stefan Heym nochmals für die PDS in den Wahlkampf in Mitte und Prenzlauer Berg ziehen muß. Denn im besagten Wahlkreis 249, so behaupten die Reps, sei ihr Direktkandidat Detlef Mahn unrechtmäßig von der Bundestagswahl ferngehalten worden. Der 52jährige hatte am 7. Mai 1994 bei einer Rep- Mitgliederversammlung von 88 abgegebenen Stimmen nur 42 erhalten. 33 Anwesende stimmten gegen ihn, 13 enthielten sich der Stimme. Nach Ansicht des Kreiswahl- und später auch des Landeswahlausschusses, hatte er damit die nach der Rep-Satzung erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen verfehlt. Es sei, so der Landeswahlausschuß, nach der Satzungslage „mindestens zweifelhaft“, ob bei der Ermittlung der Mehrheit die Stimmenthaltungen nicht mitgerechnet werden müßten. Eine rechtlich umstrittene Position. Selbst wenn, so Mahns Anwalt Lutz Körner, der Rep-Satzung in diesem Punkt Unklarheit unterstellt würde, hätte der Kreis- und Landeswahlausschuß auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zurückgreifen müssen. Der sei zu dem Ergebnis gekommen, daß bei Wahlen in Mitgliederversammlungen von Vereinen mit den Stimmenenthaltungen so zu verfahren sei wie mit den Stimmen von nicht erschienenen Mitgliedern: sie zählten bei der Berechnung der absoluten Mehrheit nicht mit.

Ein Wahlfehler allein wird dem Friedrichshainer Bezirksverordneten Mahn, der im vergangenen Jahr wegen Volksverhetzung von Schwulen und Lesben zu einer Geldstrafe verurteilt wurde, nicht weiterhelfen. Denn in einem zweiten Schritt muß der Bonner Ausschuß eine sogenannte Erheblichkeitsprüfung durchführen. Im Klartext heißt das: Hätte die Zulassung des Direktkandidaten Mahn zu einer Verschiebung der Wahlergebnisse in Mitte und Prenzlauer Berg geführt? Eine hypothetische, aber durchaus höchst brisante Frage. Der Schriftsteller Heym schlug seinen Konkurrenten Wolfgang Thierse von der SPD mit einer Differenz von 4.483 Erststimmen. Die Reps erhielten in Prenzlauer Berg/Mitte an Zweitstimmen 2.019 Stimmen – im Vergleich zur SPD (42.446) oder der PDS (43.679) also eine eher unerhebliche Zahl.

Mahns Anwalt Lutz Körner sieht dies natürlich anders. Zwar räumt er in seinem Schreiben an den Wahlprüfungsausschuß ein, daß bei einer Direktkandidatur seines Mandanten dieser „mutmaßlich“ keinerlei Aussichten gehabt hätte, „selbst das Mandat zu erringen“. Aber Mahn hätte „seine Arbeit gezielt darauf verwendet, dem PDS-Kandidaten Heym Stimmen zu entziehen“. Wird dem Einspruch stattgegeben, könnte der Wahlkreis 249 möglicherweise sogar das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) beschäftigten. Heym müßte dann vor den Obersten Richtern Beschwerde einlegen. Umgekehrt bliebe auch Mahn der Weg zum BVerfG offen, sollte der Ausschuß seinen Einspruch ablehnen.

Der Wahlprüfungsausschuß, der aller Voraussicht nach Ende Januar durch die Abgeordneten neu gewählt und dem Wiefelspütz wohl wiederum vorstehen wird, stehen spannende Monate bevor. Der Einspruch von Mahn, meint Wiefelspütz, werde „ernst und sehr sorgfältig geprüft“. Severin Weiland