Jubiläums-Ostrausch

■ Ostdeutscher Volksfusel wird 20

Berlin (taz) – Der attraktive Kinotyp auf der Leinwand nimmt einen Schluck aus dem Whiskyglas. Die Kamera zeigt seinen Dreitagebart in Großaufnahme, seine sonore Stimme ertönt: „Das ist kein Jim Beam!“ Er knallt sein Glas auf die Theke. Der Wirt wird kalkweiß und antwortet sächselnd: „Näh, dis is unsr Goldbrand.“ Man könnte das Drehbuch natürlich auch umkehren: Der smarte Typ nippt und sagt auf sächsisch: „Das ist kein Goldbrand!“ und trinkt fröhlich weiter.

„Goldbrand“, die Proletarier- Droge aus der DDR, wird 20 Jahre alt. Lange nach der Wende profitiert sie von nostalgischen Gefühlen. Der Abtshof Magdeburg setzt damit jährlich 25 Millionen Mark um und bringt jetzt einen „Jubiläums-Goldbrand“ auf den Markt. Entwickelt wurde das Getränk mit dem „weichen Geschmack“, weil die devisenarme DDR sich den Import von Weinbrand-Destillat nicht leisten konnte.

Was der süßliche „Braune“ wirklich enthält, wird vorsichtshalber nicht bekanntgegeben. Sicher ist nur: 30 Prozent Alkohol, kaum aus Wein (sonst wär's Weinbrand), kaum aus Getreide (sonst wär's Korn), sondern hauptsächlich aus Melasse. Und der Goldbrand hat ein enorm günstiges Preis-Dröhnungs-Verhältnis: Die 0,7-Liter- Flasche kostet heute im Getränkeschopp 7,99 Mark. Felix Berth