Betr.: Sexualitätsmagazin "Liebe Sünde"

Tief fährt die Kamera in die Iris des weit aufgerissenen Auges, lustvoll dreht sie sich darin herum, bohrt tiefer und tiefer. Gewalt als Bild. Bild der Gewalt. Schnitt. Eine U-Bahn-Tür öffnet sich, gibt den verzerrten Blick frei auf eine verzerrte Szene. Nicht nur in Berlin häufen sich die gewalttätigen Vorfälle in U-Bahnen, hat sich das „Weg-Sehen“ breitgemacht. Aber hier agiert Matthias Frings, in Berlin wird sein Sexualitätsmagazin „Liebe Sünde“ produziert. Als Antwort auf die zunehmende Gewalt, nicht nur die sexuell motivierte, hat Frings eine Miniserie in sein Programm gehoben (ab heute, 22 Uhr, auf Pro7).

In Zusammenarbeit mit der Berliner Polizei sind unter dem Label „Der 6. Sinn“ ein Dutzend Clips mit Tips entstanden. Die sind denkbar klar und als solche auch durch den Ladenhüter „Die Kriminalpolizei rät“ weitgehend bekannt: In solchen Situationen gilt es, Helfer konkret anzusprechen, Notbremsen zu ziehen, laut zu schreien. Waffen als Selbstschutz verbieten sich, wenn man damit nicht umzugehen weiß, und wer vor dem potentiellen Angreifer in die Defensive geht, hat sowieso verloren.

Neu an den „Liebe Sünde“-Clips ist eigentlich nur zweierlei: daß sie ästhetisch so schön daherkommen, als seien es Abschlußarbeiten einer Filmhochschule, und daß ihre Existenz ganz offenbar einer Privatinitiative zu verdanken ist. Wo die Gewalt wächst, sät der liberale Geist halt Bürgerinitiativen. Das ist durchaus löblich und nicht mal mit schnöder Quotengeilheit zu verrechnen. Foto: Luc Wouters