„Vietnamesen zur Abschiebung bereit“

■ „Rückführungsabkommen“ zwischen Vietnam und der Bundesrepublik betrifft in Berlin rund 1.100 Vietnamesen

Von dem „Rückführungsabkommen“ zwischen Vietnam und Deutschland, dem gestern das Bundeskabinett zugestimmt hat, sind in Berlin rund 1.100 Vietnamesen betroffen. Diese stünden „potentiell zur Abschiebung bereit“, so die aparte Formulierung von Thomas Raabe, Pressesprecher von Innensenator Dieter Heckelmann (CDU). Dessen Behörde hatte gestern allerdings noch keine Mitteilung aus dem Bundesinnenministerium, wie der beschlossene „Fünfjahresplan“ – die „Rückführung“ der Vietnamesen innerhalb von fünf Jahren – konkret aussehen soll. Aus Bonn war zu erfahren, daß in diesem Jahr 2.500 Menschen zwangsrepatriiert, also in ihre Heimat zurückgeführt werden sollen und im nächsten Jahr 5.000. Danach sollen es bis zum Jahr 2000 jeweils rund 6.000 sein.

In Berlin leben derzeit rund 4.000 Menschen aus Vietnam. Die meisten von ihnen sind im Besitz einer Aufenthaltsbefugnis und brauchen sich deshalb keine Sorgen zu machen. Schätzungsweise 90 Prozent der ehemaligen DDR- VertragsarbeiterInnen haben diesen Status bekommen. Bedingung dafür war, daß sie bis zum Stichtag 17. April 1994 einen Arbeitsplatz nachweisen konnten, und sei es nur als selbständige Händler.

Kritisch wird es aber für zwei Personengruppen, die bislang nur deshalb vor Abschiebung geschützt waren, weil das kriegsgeschädigte Vietnam sich weigerte, seine Landsleute wieder aufzunehmen. Das betrifft erstens diejenigen, deren Asylantrag abgelehnt worden ist. Sehr viele sind das deshalb nicht, weil viele ehemalige VertragsarbeiterInnen ihren Asylantrag im Rahmen der Stichtagsregelung zugunsten einer Aufenthaltsbefugnis zurückgezogen haben.

Zweitens wollen die Behörden die abgeurteilten Straftäter loswerden, sprich: die Zigarettenhändler, aber auch alle anderen Kleinkriminellen. Die Weisung des Innensenators vom letzen Sommer, wonach nur diejenigen abgeschoben werden sollen, die zu mehr als 90 Tagessätzen oder mehr als drei Monaten Haft verurteilt wurden, gilt nämlich nicht mehr. Sie wurde nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts vor sechs Wochen aufgehoben. Also werden in den nächsten fünf Jahren alle Kleinkriminellen und abgelehnten AsylbewerberInnen abgeschoben.

Diesen „Fünfjahresplan der Abschiebung“ findet Berlins Ausländerbeauftragte Barbara John sehr bedenklich. Damit würden nur weitere Kriminelle produziert, glaubt sie. Denn man dränge die Menschen geradezu in den Zigarettenhandel, wenn man ihnen einen klaren Aufenthaltsstatus und Arbeit verweigere. Und wenn sie dann tatsächlich acht Jahre oder noch länger hier lebten, könne und dürfe man sie nicht mehr einfach so abschieben. Ute Scheub