Der politische Status Ost-Timors ist kein Thema

■ „Dialogveranstaltung“ zur ehemaligen portugiesischen Kolonie geplant

Genf (taz) – „Die Zeit arbeitet für uns.“ Die Zuversicht, die Portugals Außenminister Jose Manuel Durao Barroso einen Tag nach seinen Genfer Ost-Timor-Gesprächen mit Indonesiens Außenminister Ali Alatas an den Tag legte, überraschte viele Beobachter. Was kann die bei dieser Gesprächsrunde unter Vermittlung von UNO-Generalsekretär Butros Ghali erzielte Vereinbarung eines „innertimoresischen Dialogs zwischen Vertretern verschiedener Positionen“ bewirken?

Die Liste der TeilnehmerInnen dieser Dialogveranstaltung an einem noch nicht festgelegten Ort außerhalb Indonesiens und Ost- Timors soll zwar vom UNO-Generalsekretär zusammengestellt werden, doch ist mit Sicherheit davon auszugehen, daß Befürworter von Jakartas Regierungspolitik einer „Integration“ der seit 1975 völkerrechtswidrig annektierten ehemaligen portugiesischen Kolonie unter den Teilnehmern zahlreich vertreten sein werden. Möglicherweise könnten sie sogar die Hälfte der TeilnehmerInnen stellen.

Gemeinsame Vorschläge der Dialogteilnehmer sind unter diesen Umständen nicht zu erwarten. Schon gar nicht zu rechnen ist mit Forderungen nach der Unabhängigkeit Ost-Timors oder auch nur nach „Selbstbestimmung“ in Form einer Volksabstimmung, die die UNO und die mit der zwischenzeitlichen Verwaltung Ost-Timors beauftragte Regierung in Lissabon in den letzten 20 Jahren immer wieder verlangt hatten. Zumal auf Betreiben von Alatas in der Genfer Vereinbarung ausdrücklich festgeschrieben wurde, daß der „politische Status Ost-Timors“ kein Thema für den Dialog sei.

Übt die EU genug Druck auf Lissabon aus?

„An diese Einschränkung werden sich die Dialogteilnehmer, wenn sie erst einmal zusammensitzen, sicher nicht halten“, läßt sich Barroso jedoch in seiner Zuversicht nicht beirren. Geradezu entrüstet weist der Außenminister den Eindruck einiger Journalisten weit von sich, die Genfer Vereinbarung eines „innertimoresischen Dialogs“ solle Portugal die Möglichkeit geben, sein bisheriges starkes Engagement für die Selbstbestimmungs- und Menschenrechte der Ost-Timoresen zu reduzieren. Daß Lissabon unter entsprechendem Druck einiger EU-Partner steht und sich innerhalb der Brüsseler Gemeinschaft zunehmend alleingelassen fühlt, muß Barroso allerdings einräumen. Die „Unterstützung“ für Portugals Ost-Timor-Politik „sei nicht immer ausreichend“, und: „die größten europäischen Länder liefern Waffen“.

Gemeint sind vor allem Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Spanien, die in den letzten zwei Jahren größere Waffengeschäfte mit Jakarta tätigten und – wie zum Beispiel Bundeskanzler Kohl bei seinem jüngsten Indonesien-Besuch – milliardenschwere Aufträge für die heimische Wirtschaft einholen konnten. In Genf ist es ein offenes Geheimnis, daß Diplomaten dieser EU-Staaten Portugal seit geraumer Zeit drängen, seine Kritik an Jakartas Ost-Timor- und Menschenrechtspolitik zu dämpfen. Indonesiens Außenminister Alatas bemerkte am Dienstag zu diesem Thema, zwar gebe es die auch seiner Regierung bekannte offizielle Haltung der EU zu Ost-Timor, doch inoffiziell erhalte seine Regierung „von einigen EU-Regierungen andere Signale“.

Keine große Hoffnung in den diplomatischen Prozeß, der am 19. Mai in New York mit einem weiteren Treffen Alatas und Barros fortgesetzt werden soll, setzt Ost- Timors Unabhängigkeitsbewegung „Fretilin“. Deren „Außenminister“ Jose Luis Guterres setzt allerdings darauf, daß „Indonesiens abgewirtschaftete Diktatur“ spätestens nach dem Ende der Ära Suharto zerfällt und die Ost-Timoresen dann auch ihr Selbstbestimmungsrecht wahrnehmen können. Andreas Zumach