Kommt Zeit, kommt Gesetz

■ Kabinett lehnt Gesetzentwurf des Bundesrats zu Vergewaltigung in der Ehe ab

Berlin (taz) – Vergewaltigung in der Ehe soll grundsätzlich strafbar werden. Das kündigte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gestern nach einer Kabinettssitzung in Bonn an. Bloß wann, ist die Frage. Denn gleichzeitig lehnte das Kabinett die vom Bundesrat dafür vorgeschlagenen Strafvorschriften ab. Begründung unter anderem: die im Entwurf vorgesehene Unterscheidung von sexueller Nötigung (§ 178 StGB) und Vergewaltigung (§177 StGB). Es gebe sexuelle Praktiken, die vom Opfer als genauso demütigend und erniedrigend empfunden würden wie der erzwungene Beischlaf und daher ebenso bestraft werden müßten. Die Paragraphen 177 und 178, so ein Sprecher des Justizministeriums zur taz, müßten „völlig umgekrempelt“ werden. Das könne auch bedeuten, daß künftig der Tatbestand der sexuellen Nötigung wegfalle. Der Bundesrat hatte im Februar 1992 einen Gesetzentwurf Hamburgs vorgelegt, nach dem Vergewaltigung in der Ehe mit mindestens zwei Jahren Haft bestraft werden sollte. Auch die sexuelle Nötigung in der Ehe sollte verfolgt werden. Auch Männer sollten künftig als Opfer einer Vergewaltigung anerkannt werden.

Der Hamburger Vorschlag sei ein „Schritt in die richtige Richtung“, sagte die Justizministerin. Ein „abschließender Regelungsvorschlag“, der den Schutz der sexuellen Selbstbestimmung insgesamt berücksichtigen müsse, sei aber vorzuziehen. Fragt sich nur, wann. Karin Flothmann