Pulp Fiction auf 90 Quadratzentimetern

■ Zwei junge Bremer geben Kunst einen neuen Rahmen: Das Recht aufs Original

Die hehre Kunst in der Wulwesstraße zu finden, ist nicht ganz einfach, denn was ist schon Kunst? Gut, da hängt Picassos früher Clown, Kirchners Abendspaziergang durch den Park und Van Goghs südfranzösische Landschaft nebeneinander und ergänzt sich ganz wunderbar.

„Das hat mit Kunst nicht unbedingt was zu tun“, gesteht Henning Haarhaus, Inhaber „Pig up“ Kunsthandlung im Ostertor. Gut reproduziert sind die Bilder dennoch. Holländische und dänische MalerInnen haben sich darauf spezialisiert, die nur noch in Millionen Mark gehandelten Bilder klassischer Moderner nachzumalen.

Henning und sein Kompagnon Steffen Schreiber haben aber auch zeitgemäße Kunst. Neben den immer aktuellen Heimatmotiven (Torfkahn auf Fleet), hängen die wilden Malereien der AbsolventInnen von der Kunsthochschule in Bremen oder Ottersberg. „Unsere Idee war ja auch, Räumlichkeiten für unbekannte Künstler zu schaffen“, sagt Henning.

Angenervt von der pervertierten „Multiple Art“ der Postergalerien und Kaufhausabteilungen, war ihm noch zu Studienzeiten die Idee einer Kunsthandlung gekommmen. „Die Leute hängen sich für Hunderte von Mark Drucke in die Wohnung, dabei gibt es soviele schöne Originale“, meint Henning. Bei „Pig up“ kostet ein Bild daher nicht mehr als Tausend Mark, „jeder soll hier was finden und kaufen können“.

Dieselbe Idee hatte 1990 eine Gruppe junger KünstlerInnen in Hamburg. Im sozialen Brennpunkt St. Pauli eröffneten sie den Art Store und erfanden die Cheap Art: Kein Bild kostete mehr als zehn Mark. Der mehr als festinstalliertes Happening geplante Laden entwickelte sich zum Renner und zur Institution. Vor allem die Einzelmotive im Kleinstformat von „4000“ gingen gut weg. „4000“ ist das Pseudonym des erfolgreichsten Malers im Art Store: „Pulp Fiction“ auf dreißig mal dreißig Zentimeter Spanplatte. Seine inflationäre Kunst ist mittlerweile in den Kunstbetrieb eingesickert. Galerien reißen sich um seine frühen Sachen, SammlerInnen zahlen einige hundert Mark für frühe „4000er“.

Am 4. Februar kommt er nach Bremen zur Eröffnung einer Ausstellung seiner Bilder im „Pig up“. Das ist keine Vernissage mehr, sondern eine Party. Von elf bis elf geht es dann rund zwischen Trash und Imitation. Die Restposten der letzten Aktion hat Henning noch im Untergeschoß stehen: Ab 40 Mark gibt es da ein Original.

Ulrike Fokken