Gute Nacht, Aufschwung!

■ Hotelübernachtungen: Für die Mitarbeiter der meisten Unternehmen sind Übernachtungen in Luxushotels tabu / Reisekostenabrechnungen werden ständig nach unten korrigiert

Einmal um die ganze Welt und die Taschen voller Geld, das ist selbst für die Banker in der Hauptstadt kein Thema mehr. „Wenn unser Direktor auf Reisen geht“, versichert der Sprecher der Berliner Grundkreditbank, Lange, „dann darf er pro Nacht im Hotel etwa 180 Mark ausgeben.“

Bei einem „normalen Mitarbeiter“ liegt die Marge entsprechend niedriger: bei 120 Mark je Übernachtung. Dazu kommen noch 20 Mark Essenskostenzuschuß, alles in allem also der „angemessene Rahmen“, an den sich die Mitarbeiter der Grundkreditbank neuerdings halten müssen.

Geht es um Reisespesen, sind die Firmen knausrig geworden. Übernachtungen in Luxushotels sind in den Personalabteilungen der Berliner Firmen und Behörden tabu. Grundkreditbank-Sprecher Lange kann sich daher nur vorstellen, daß die Betreiber der zahlreichen alten und neuen First-class- Hotels landauf, landab nur durch ausländische Gäste, in Berlin vor allem mit dem Regierungsumzug, auf ihre Kosten kommen.

Mit ihrem Nachtetat von 120 bis 180 Mark sind die Mitarbeiter der Privatbank und ihr Aufsichtsratsmitglied Klaus-Rüdiger Landowsky noch gut bedient. Im öffentlichen Dienst nämlich droht den Handlungsreisenden, am Hungertuch nagen zu müssen. In der zur Zeit geltenden Reisekostenverordnung für den öffentlichen Dienst wird den Beamten, je nach Bedeutung in die Reisekostenstufen A bis C unterteilt, gerade mal ein Übernachtungsgeld zwischen 28 und 39 Mark bewilligt. „Kosten für Telefon, Minibar, Fernsehen und Sonderservice“ heißt es in der nicht gerade geliebten Verordnung, „gehören nicht zu den Übernachtungskosten.“ – Dennoch gibt es Ausnahmen: In Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern liegt die Grenze um 50 Prozent höher, und wer, um des liebens Sparens willen, eine Nacht in der Eisenbahn verbringt, kann das so gesparte Geld mit der Reisekostenabrechnung verrechnen. Daß die Regelungen freilich wenig mit der Realität zu tun haben, räumt der Personalchef der Freien Universität, Westerhusen, ein: „Das wird ständig überzogen.“ Auf jeden Fall aber, fügt der Hüter der professoralen Reisekader hinzu, „sind Luxushotels tabu“.

Auch mit den Mitarbeitern der öffentlich-rechtlichen Medien kommen die Gründer des neuen Hotelbooms nicht in die schwarzen Zahlen. Zwischen 120 und 180 Mark dürfen die Drehteams von ARD und ZDF ausgeben. Die erste Reihe ist dabei kein Thema. Übernachtet wird, falls vorhanden, in Vertragshotels. „Wer länger an einem Ort ist“, weiß der Berliner ARD-Korrespondent Klaus Scherer, geht auch schon mal bei einer Mitwohnzentrale auf die Suche.

Selbst die Gewinner des von den Wirtschaftsauguren so vielbeschworenen Aufschwungs verbergen denselben neuerdings vor ihren Mitarbeitern. So versicherte eine Sprecherin des Pharmakonzerns Schering, daß „Luxushotels“ auch in der Managerebene kein Thema seien. Statt dessen bevorzugen die Pillendreher aus dem Wedding, wie es die neue Reisekostenverordnung bestimmt, sogenannte Mittelklassehotels. Höchstgrenzen freilich wollte die Schering-Sprecherin nicht nennen.

Gänzlich aufs Reisen verzichten müssen offenbar die Mitglieder der CDU. Wie ein Unionssprecher gegenüber der taz erklärte, komme eine Übernachtung in Hotels, „außer bei Parteitagen“, so gut wie nicht vor. Gute Nacht, Aufschwung! Uwe Rada