Umsonst serviert

■ Die Cumunità Sant' Egidio hat die algerische „Plattform“ vermittelt

In Rom gibt es eine Gruppe von Leuten, die in der Öffentlichkeit bisher kaum zur Kenntnis genommen wurde und doch auf dem Gebiet der privaten Diplomatie eine bei weitem schwierigere Aufgabe gelöst hat als zum Beispiel Jimmy Carter in Haiti. Die katholische Laienorganisation „Comunità Sant' Egidio“ brachte die islamische und die laizistische Opposition Algeriens an einen Tisch und darf die Einigung auf eine „Plattform für den Frieden“, die im algerischen Bürgerkrieg neue Weichen stellt, als ihren Erfolg verbuchen.

Die Comunità entstand 1968. Damals gründete der heute 44jährige Kirchengeschichtler Andrea Riccardi mit Mitschülern eines Römer Gymnasiums die Organisation, um den Ärmsten zu helfen. Die Gruppe sorgte sich zunächst um süditalienische Einwanderer, später um Obdachlose und heute vor allem um Einwanderer aus Osteuropa und Afrika. Täglich kommen 1.500 Personen in die Mensa der Comunità im Altstadtviertel Trastevere, wo ihnen ein Mittagsmahl — mindestens drei Gänge — umsonst serviert wird.

Heute zählt die Comunità 15.000 Mitglieder, davon 8.000 allein in Rom, nur drei sind hauptamtlich beschäftigt. Vom Vatikan ist sie unabhängig, aber manchmal nutzt er sie als offiziösen „diplomatischen Arm“. Hauptsitz ist das kleine Kloster Sant' Egidio.

Ihren Einstieg in die Diplomatie fand die Comunità über das Gebet. Seit 1986 organisiert sie jedes Jahr einen internationalen Gebetstag mit interreligiösem Dialog. Zu diesen Treffen sind viele Spitzenpolitiker erschienen: Andreotti, Boutros Ghali, Jaruzelski, Mugabe.

Einen ersten diplomatischen Erfolg erzielte die Comunità mit der Vermittlung des Friedensvertrags in Mosambik. Eine Million Tote hatte der 16 Jahre dauernde Krieg bereits gefordert, als am 4. Oktober 1992 im Refektorium des Klosters der Pakt zwischen Frelimo-Regierung und Renamo-Guerilla unterschrieben war — vermittelt von zwei Mitgliedern der Comunità, einem italienischen Unterstaatssekretär und einem mosambikanischen Bischof.

Die Initiative zu den Gesprächen der algerischen Oppositionsparteien ergriff die Comunità im vergangenen Herbst. Im November fand ein Kolloquium statt, bei dem öffentlich die Probleme des Maghreb-Staates diskutiert wurden. Diese Woche wurden die Gespräche hinter verschlossenen Türen fortgesetzt.

Im Innenhof des Klosters steht eine große Bananenstaude. „Ein Geschenk der Mosambikaner“, erläutert Riccardi, der damals mitverhandelt hat. Auch dieses Mal war er dabei. Vielleicht wird eines Tages eine Dattelpalme im Trastevere wachsen.