■ Mit Ölsündern auf du und du
: Blindes Dänemark

Kopenhagen (taz) – Das Schiff, das für einen 25 Kilometer langen Ölfilm vor der dänischen Insel Anholt und damit auch für den Tod zahlreicher Seevögel verantwortlich ist, wurde nicht ausfindig gemacht. Am Wochenende brach die Umweltbehörde die Suche ab – mal wieder.

Vor sechs Jahren war eine mit großen Vorschußlorbeeren gefeierte Flugüberwachung vor den dänischen Nord- und Ostseeküsten aufgenommen worden. Mit ihr sollten Schiffe, die Öl ablassen oder ihre Tanks reinigen, auf frischer Tat ertappt werden. Doch die bisherige Bilanz ist frustrierend: Nicht ein einziger Ölsünder konnte überführt werden.

Die dänische ornithologische Vereinigung hat die jüngste Ölverschmutzung zum Anlaß genommen, auf die völlig wirkungslose Überwachung aufmerksam zu machen. Schiffe wählten bewußt dänische Gewässer, um ihre Öltanks zu reinigen, weil das Risiko hier erwischt zu werden wesentlich geringer sei als beispielsweise vor den deutschen oder holländischen Küsten. Nur 300 Flugstunden pro Jahr werden in Dänemark vom Umweltministerium bezahlt – das ist so gut wie nichts angesichts der Tatsache, daß fast jeden zweiten Tag irgendwo vor den langen Küsten Dänemarks ein neuer Ölfilm gemeldet wird.

Beim jüngsten Zwischenfall vor Anholt war es aufgrund der Wassertemperatur und der Dünne des Ölfilms nicht einmal möglich, diesen aufzusaugen. „Technisch“ zu dünn war er doch dick genug, um todbringend zu sein. Ornithologe Knud Flensted sagt: „Wir mußten praktisch hilflos zusehen, wie die Vögel verendeten. Es ist ein Skandal, daß gerade vor Anholt, einem der bedeutendsten Überwinterungsstellen für viele Entenarten, die Überwachung nicht besser ist.“ Im Gebiet von Anholt – mit regem Schiffsverkehr im Kattegat zwischen Dänemark und Schweden gelegen – halten sich in diesen Wintermonaten gut eine Million Vögel auf, darunter 90 Prozent des stark geschrumpften Restbestands europäischer Schwarzenten. Reinhard Wolff