Säugetiere erstmals in Deutschland patentiert

■ Kölner Professor bekam Urheberrecht für Genmanipulations-Methode / Widerspruchsfrist noch vor Veröffentlichung der Patentschrift abgelaufen

Berlin (taz) – In aller Stille hat das Deutsche Patentamt zum erstenmal ein Patent auf ein Tier vergeben. Mit der Registriernummer DE 4228162 hat der Kölner Professor Klaus Rajewsky das Verfügungsrecht über bestimmte „transgene nichtmenschliche Säuger“, die mit menschlichen Genen manipuliert worden sind. Ziel seiner Arbeit ist die Produktion von menschlichen Antikörpern, zum Beispiel für Impfungen.

Laut Patentanmeldung ist es Rajewsky gelungen, erstmals gezielt bestimmte Gene bei Säugetieren auszutauschen. Nicht nur die Methode ist seit dem 13. Januar urheberrechtlich geschützt, sondern auch die so entstandenen Tiere und ihre Nachkommen. Zu welchem Zweck die Tiere manipuliert werden, mußte der Professor jedoch nicht festlegen. Damit geht sein Urheberrecht noch weit hinaus über den 1992 vom Europäischen Patentamt erteilten Erfinderschutz für die sogenannte Krebsmaus der US-Firma DuPont, die ausschließlich für Forschungszwecke gezüchtet wurde.

Die Biologin Crescentia Freudling entdeckte die neue Patentgenehmigung kürzlich bei einer Recherche im deutschen Patentamt. Anders als sonst üblich hatten die Wettbewerbsschützer ihr Plazet bereits gegeben, noch bevor das Projekt in einem öffentlich einsehbaren Dokument vorlag. Als die Wissenschaftlerin die Unterlagen zu Gesicht bekam, war die Einspruchsfrist von drei Monaten bereits abgelaufen. „Damit gibt es kaum noch Möglichkeiten, das Patent anzugreifen“, kritisiert Christoph Then, Leiter der Initiative „Kein Patent auf Leben“.

„Die Breite der Ansprüche auf alle nichthumanen Säugetiere steht in keinem Verhältnis zur geleisteten ,Erfindung‘“, so Then. Weil die Tiere sich natürlich fortpflanzen könnten, profitiere der Patentinhaber in einer nicht zu rechtfertigenden Weise von dem Urheberrecht. „Die Einbeziehung aller Säugetierarten in ein Patent erinnert an die Zeit, als mit einem Federstrich auf einer Landkarte ganze Völker und Kontinente zwischen den Potentaten der Kolonialzeit aufgeteilt wurden.“

Noch immer gibt es auf europäischer Ebene keine Richtlinie zur Patentierbarkeit von Lebewesen. Seit sieben Jahren wird eine entsprechende Vereinbarung diskutiert, derweil die Patentämter eifrig Fakten schaffen. Zur Zeit verhandelt der Vermittlungsausschuß zwischen EU-Rat und Europaparlament. Im Februar soll vermutlich im Abgeordnetenhaus abgestimmt werden. Kommt die Richtlinie durch, werden Tiere und Pflanzen, ebenso wie menschliche Gene, ausdrücklich zu patentierbarer „biologischer Materie“ und damit zu „Erfindungen“ erklärt. wlf/aje