Geistig Behinderter in den USA hingerichtet

■ Staats-Rache an Schwachsinnigen

Huntsville (AFP/taz) – Der US- Bundesstaat Texas hat in der Nacht zum Dienstag einen schwachsinnigen Mörder hinrichten lassen. Mario Marquez war wegen mehrfachen Mordes und Vergewaltigung zum Tode verurteilt worden. Er hatte seine 14jährigen Nichte und seine 19jährigen Ehefrau vergewaltigt und umgebracht. Der Mann hat hat einen Intelligenzquotienten von 65. Doch der Oberste Gerichtshof der USA entschied, daß sich der Staat auch an geistig Minderbemittelten rächt. Wenige Stunden vor der Hinrichtung lehnten die Ober-Richter das Gnadengesuch des 36jährigen ab, das mit Marquez' Unzurechnungsfähigkeit begründet war. Kurz darauf wurde der Mörder mit einer Giftspritze hingerichtet.

„Die amerikanische Öffentlichkeit lehnt die Todesstrafe für geistig Zurückgebliebene ab“, sagte Marquez‘ Verteidiger Robert McGlasson. Staatsanwalt Edwin Springer ließ sich nicht beeindrucken. Marquez habe während der Verhandlung gedroht, den Staatsanwalt zu töten, und sei deshalb ein gefährlicher Zeitgenosse. Daß er geistig zurückgeblieben ist, mithin die Tragweite seiner Taten gar nicht erkennen kann, konnte den Vertreter des Staates Texas nicht von seiner rachsüchtigen Einstellung abbringen: Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Die Richter des Oberste Gerichtshofs der USA, die das Gnadengesuch kommentarlos haben zurückgehen lassen, beriefen sich auf ein Urteil aus dem Jahre 1989, das die Exekution Jugendlicher über 16 und geistig Minderbemittelter als verfassungsgemäß erachtet hatte. Ein Urteil, das vor allem die von Reagan berufenen erzkonservatien Ober-Richter William Rehnquist, Antonin Scalia und Sandra Day O'Connor herbeigeführt hatten. Sie befanden, daß auch in diesen Fällen die Todesstrafe keine „grausame und ungewöhnliche Bestrafung“ darstelle. Auch die gesellschaftlichen „Standards der Schicklichkeit“ seien kein Hinderungsgrund. Michaela Schießl