Die Erde schüttelt Kobe ab

■ Erdbeben verwüstet die japanische Millionenstadt / Experten: Es kommt noch schlimmer

Tokio (AP/rtr/taz) – Beim verheerendsten Erdbeben seit einem halben Jahrhundert sind in Japan gestern nach letzten Berichten über 1.700 Menschen ums Leben gekommen. Man befürchtet, daß die Zahl der Toten noch auf über 2.500 ansteigt. Mindestens 70.000 Menschen wurden obdachlos. Das im Morgengrauen ausgebrochene Beben, dessen Epizentrum 30 Kilometer vor der Küste lag, zerstörte weite Teile der Hafenstadt Kobe. In der von unüberschaubaren Verwüstungen heimgesuchten Millionenstadt breiteten sich Großfeuer aus, die die Nacht über anhielten und den Rettungsteams die Suche nach Überlebenden erschwerten.

Japans Regierungschef Tomiichi Murayama kündigte ein Notprogramm zur Rettung der Überlebenden an. Rußland und die Schweiz boten die Entsendung speziell ausgerüsteter Hilfstrupps an. Die japanische Zentralbank rief die Banken der Region zu einer unbürokratischen Vergabe von Wiederaufbaugeldern auf. Wegen seiner Lage am Pazifikrand, wo die aktivste Erdbebenzone der Welt verläuft, war Japan schon immer stark gefährdet. In den letzten Wochen waren wiederholte Erderschütterungen registriert worden – zumeist im hohen Norden Japans, wo am 28. Dezember ein Erdstoß der Stärke 7,5 auf der Richterskala den gestrigen 7,2-Wert sogar übertraf, jedoch in dem unbewohnten Gebiet kaum Schäden anrichtete. Mit weiteren Erdbeben dieser Größenordnung muß gerechnet werden: Wenn tektonische Platten erst einmal in Bewegung seien, kommen sie so schnell nicht zur Ruhe. Der Seismologe Kazuo Oike sagte, die gegenwärtige Erdbebenaktivität könne Jahrzehnte anhalten. Zumindest in den nächsten Monaten müsse mit heftigen Nachbeben gerechnet werden. Tagesthema Seite 3