Vom Jahrhundert-Deal zum Mega-Flop

Die Berliner Trigon GmbH steckt, nachdem sie mit einem dubiosen Geschäft fast alle ehemaligen Interhotels der DDR von der Treuhand erworben hat, in finanziellen Schwierigkeiten  ■ Von Helmut Höge

Kurz vor ihrer sogenannten Auflösung zahlte die Treuhandanstalt am 11. Dezember 1994 ihrem wichtigsten Geschäftspartner, der Berliner Trigon GmbH, rund 90 Millionen Mark zurück. Die Westberliner Immobilienfirma hatte im November 1991 neben etlichen Grundstücken, auf denen sie nun Freizeit- und Gewerbeparks errichtet, auch noch nahezu die gesamte Interhotelkette der DDR, 29 an der Zahl, für 2,17 Milliarden Mark von der Treuhand gekauft. „Unser größter Deal“, so Treuhand-Sprecher Schöde damals. Der größte Deal war es auch für die neuen Eigner, Axel Guttmann und Klaus Groenke, die fortan täglich über eine Million Mark an die Deutsche Bank allein an Zinsen zahlen mußten.

Bedeutend war dies sogar für den Dramatiker Rolf Hochhuth, in dessen Stück „Wessis in Weimar“ dieses Geschäft als ein besonders krasses Beispiel für die Ungerechtigkeiten der Privatisierung dargestellt wird: „Der Stolz der DDR waren ihre 31 Interhotels. Und nun kaufen die Wessis den Ossis noch das einzige ab, was ihnen selber auf die Beine helfen könnte, nämlich Boden und Bauten“, so Rolf Hochhuth zur Illustrierung seiner These „Nur Besitz macht frei“.

Tatsächlich hatte die Trigon aber im November 1991 nur die Interhotel-Aktien erworben, nicht die Grundstücke. „Grundstücksfragen waren dabei nicht berücksichtigt worden und damit auch nicht die Restitutionsprobleme. Die bestehen alle nach wie vor“, wie ein für die Treuhand verantwortlicher Staatssekretär im Finanzministerium damals erklärte. Auf fast 75 Prozent aller Interhotel-Grundstücke gibt es jüdische Eigentumsansprüche.

Um den Kauf der Aktien hatten sich neben Trigon zuletzt drei Investoren beworben: die Roland- Ernst-Gruppe, die die „Restitutionsproblematik“ selber lösen wollte; das schweizerisch-israelische Konsortium Tabfin AG, das im Restitutionsgeschäft tätig war und die ehemaligen Eigentümer in Form von Aktien beteiligen wollte; die Autoverleih-Firma Sixt, die schließlich zurücktrat, weil die Treuhand ihr die Restitutionsprobleme nicht abnehmen wollte.

Bei der Trigon GmbH, damals noch Klingbeil-Gruppe genannt, spielten die Restitutionsprobleme dann jedoch plötzlich keine Rolle mehr. Der ehemalige Tabfin-Manager Gerhard Fuchs-Kittowski, der immer noch im Restitutionsgeschäft tätig ist, erklärte dies so: „Bei denen war das eine Angelegenheit der Deutschen Bank. Das hat den Ausschlag beim Finanzministerium gegeben. Der Preis, den die Deutsche Bank zahlt, 2,17 Milliarden Mark, reicht aber nicht aus, um die jüdischen Grundstückseigentümer zu entschädigen. Das heißt, die Treuhand hat zwar am Ende des Jahres 1992 eine gute Bilanz, aber wenn in den nächsten Jahren die Entschädigungsansprüche kommen, sieht das schon ganz anders aus mit diesem angeblichen Superdeal. Diesen Punkt hat der Rechnungshof auch bereits moniert: Sie haben das beste Stück der DDR verkauft und dabei sogar noch Minus gemacht. Im Endeffekt jedenfalls.“

Erst einmal sah es aber so aus, daß die Trigon GmbH noch mehr erworben hatte als gedacht, denn bei einer gründlichen Inventur entdeckten Guttmann und Groenke noch zusätzliche ungenutzte Flächen im Wert von einer runden Milliarde Mark, wie sie auf einer Pressekonferenz stolz verkündeten. Vier Hotels verkauften sie wenig später weiter, zwölf verpachteten sie, und in den Um- und Neubau der restlichen investierten sie mittlerweile 400 Millionen Mark.

Zugleich forcierten sie weitere Großbauten für Handel und Gewerbe, erwähnt seien hier nur ihre Dienstleistungs-Center in Treptow, an der Puschkinallee sowie das „Altenhofer Dreieck“ am Weißenseer Weg.

Ihr Hochhausprojekt am Alexanderplatz, wo 380 Millionen Mark investiert werden sollen, wurde jetzt jedoch erst einmal bis 1999 storniert. Dabei hatten die beiden laut Ulrich Schamoni „schlauen Poliere“, Guttmann und Groenke, sich für diese Immobilienentwicklung etwas Besonderes ausgedacht, um ihre zwei Mitbewerber bei der Senatsausschreibung auszustechen. Eine Tochterfirma ihrer Trigon GmbH stellte kurzerhand einen Abteilungsleiter aus der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Herrn Brandt, ein, der ein Nutzungskonzept verfaßte, welches dann mit einer Senatsvorlage identisch war, die schließlich dem entsprechenden Senatsbeschluß zugrunde gelegt wurde. So konnte Trigon-Sprecher Claus Bergholz auf einer Pressekonferenz mit Fug und Recht behaupten: „Unser Konzept hält sich genau an den Senatsbeschluß.“

Mit dem ausbleibenden Hauptstadt-Boom mußte jedoch auch die Trigon GmbH ihre Gewinn-Erwartungen nach unten korrigieren. Zudem gestaltete sich der Interhotel-Erwerb zunehmend defizitärer. Allein 8 Millionen Mark Minus machte das Grand Hotel an der Friedrichstraße 1993, das an Maritim verpachtet wurde. Die Frankfurter Rundschau zitierte vor zwei Monaten einen Berliner Makler: „Der Jahrhundert-Deal droht zum Mega-Flop zu werden.“

So ähnlich sah dann auch die Deutsche Bank die Entwicklung. Dort war man noch zusätzlich durch die Schneider-Pleite nervös geworden. Die Frankfurter Banker drängten die Trigon GmbH zur „Konsolidierung des Eigenkapitals“. In ihrer Not wandten sich Guttmann und Groenke und wohl ebenso auch die Deutsche Bank an die Treuhandanstalt und baten um finanzielle Hilfe. Nachdem das Magazin Focus berichtet hatte, sie würden der Treuhand 15 Hotels zum Rückkauf anbieten, stellte die Trigon GmbH richtig: Es gehe dabei nicht um Rückgabe, sondern um Entschädigung. „Wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse“ könne man nämlich bislang nur über 15 Prozent des Pakets verfügen, obwohl der Kaufpreis bereits voll bezahlt worden sei.

Darin steckt eine Unwahrheit, mindestens eine Unklarheit: Guttmann und Groenke können nach wie vor über 100 Prozent des Aktien-„Pakets“ verfügen, und um die „ungeklärten Eigentumsansprüche“ kümmert sich die Treuhand, die ja die Interhotel-Grundstücke überhaupt nicht verkauft hat, jedenfalls nicht an Guttmann und Groenke.

Dennoch versprach Treuhand- Präsidentin Breuel den beiden Immobilienentwicklern die Einrichtung einer speziellen „Arbeitsgruppe“, die sich mit ihrer Forderung nach einer „Ausgleichssumme in Höhe von 50 bis 100 Millionen Mark“ beschäftigen solle. Mitte Dezember einigte man sich: Groenke und Guttmann geben ihrer Interhotel GmbH ein zinsloses Darlehen in Höhe von 280 Millionen Mark. Die Deutsche Bank sichert dafür stabile Zinssätze bis zum Jahr 2001 zu. Die Treuhand gibt der Trigon-Gruppe außerdem ein zinsloses Darlehen in Höhe von 335 Millionen Mark. Deren „Barwert“, so erklärte Klaus Groenke, betrage 70 Millionen Mark, hinzu käme noch ein Bar- Zuschuß von 20 Millionen Mark für das Interhotel in Chemnitz, das, nach Meinung der Treuhand, ebenso wie das Berliner Hotel Unter den Linden zu den besonderen „Problemfällen“ zähle.

Probleme bereiten derzeit jedoch mehr oder weniger alle Interhotels und sonstigen Trigon-Objekte. Die Touristenzahlen sind stark rückläufig, die zum Kauf angebotenen Hotels von Trigon will keiner mehr haben, und immer mehr Gewerberäume bleiben unvermietet.

Berlins Wirtschaftssenator Meisner, mit Sitz im Treuhand- Beirat, sprach gerade davon, die Hauptstadt werde eine „Know- how-Tankstelle“ für Osteuropa. Hier muß man ihn korrigieren. Durch solch eine Immobilienpolitik, und eine andere Politik gibt es in Berlin nicht, wird die Stadt eher zur Knockout-Gedenkstätte.