Weniger Lohn für ABM-Beschäftigte

■ Eine neue Regelung des Beschäftigungsförderungsgesetzes kann zur Folge haben, daß viele ABMler weniger Geld bekommen / Der Senat wird aufgefordert, die tarifliche Bezahlung zu garantieren

ABM-Beschäftigten drohen Lohnkürzungen von zehn Prozent. Verantwortlich dafür ist eine Regelung des Beschäftigungsförderungsgesetzes, die seit 1. Januar gilt: Die Förderung von ABM- Stellen – dies betrifft neu beantragte Stellen und deren Verlängerungen – soll sich künftig nicht mehr an den Tariflöhnen orientieren, sondern nur noch an 90 Prozent davon.

Lohneinbußen für einen Großteil der künftigen ABM-Kräfte scheinen unausweichlich – wenn es zu keiner politischen Lösung des Problems kommt. Die Signalwirkung eines solchen Ergebnisses wäre nicht zu unterschätzen. „Hier geht es um den Einstieg in die untertarifliche Bezahlung auch auf dem ersten Arbeitsmarkt“, urteilt Eckhard Schäfer vom Projektezusammenschluß „A3“.

Aus der Gesetzesänderung ergibt sich ein ganzer Komplex von praktischen Problemen. ABM- Träger, die an Tarife gebunden sind, müssen ihre Beschäftigten auch weiterhin entsprechend bezahlen und die fehlenden zehn Prozent aus eigener Tasche finanzieren. Tarifgebunden sind beispielsweise die Wohlfahrtsverbände, aber auch das Land Berlin. Bei 7.000 der 19.000 Berliner ABM-Stellen ist die Landesregierung oder sind die Bezirke Arbeitgeber.

Ganz andere Schwierigkeiten kommen auf viele Träger zu, die nicht an Tarife gebunden sind. Wenn sie das Geld hätten, die ABM-Löhne um den fehlenden Betrag aufzustocken, würde ihnen das nur schaden. Ihnen stünde dann nämlich eine Kürzung der Fördermittel und unter Umständen eine Aberkennung ihrer Gemeinnützigkeit ins Haus.

Kürzungen im ABM-Bereich sind nichts Neues. Bereits im vergangenen Jahr hat es den Trend gegeben, daß ABM-Stellen nur noch für ein Jahr bewilligt werden. Verdeckte untertarifliche Bezahlung ist bereits gang und gäbe. Die zwei wesentlichen Mittel hierbei sind: Teilzeitstellen und untertarifliche Eingruppierung. Dabei sind die ABM-Bezüge ohnehin schon niedrig, in den unteren Lohngruppen im Metallbereich betragen sie beispielsweise rund 2.000 Mark.

Zehn Prozent weniger Lohn – wer kann sich das überhaupt leisten? In einer Reihe von Fällen könnten sich die ABM-Bezüge dem Sozialhilfesatz annähern, schätzt Peter Senft von der IG Metall. Der zehnprozentige finanzielle Unterschied müsse durch die Senatsverwaltung ausgeglichen werden, fordern mehrere Projekte, selbst wenn der Preis ein Absinken der ABM-Stellen wäre.

Bei der Senatsverwaltung für Arbeit und Frauen wird noch gerechnet. „Das Problem brennt uns auf den Nägeln“, beklagt ein Mitarbeiter der Behörde. Eine Lösung sei nicht in Sicht. Das Hauptproblem (neben den Finanzen) sei, daß es zu Problemen mit der Bundesanstalt für Arbeit käme, wenn das Land Berlin das fehlende Geld zuschießen würde. Diese verlange eine einheitliche Lösung für das Bundesgebiet.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat gestern einen Antrag zur tarifgerechten Bezahlung von ABM-Beschäftigten eingebracht: Der Berliner Senat solle bei landeseigenen AB-Maßnahmen sowie bei freien Trägern von ABM auch künftig nach geltendem Tarifrecht bezahlen und sich auf Bundesebene für eine Gesetzesänderung einsetzen. Doris Maassen