Die Pistole an der Schläfe

■ Dagobert gesteht bekannte und unbekannte Details seiner Taten

Im Vergleich zur „Dagobert“- Prozeßeröffnung war die Fieberkurve für den mutmaßlichen Kaufhaus-Erpresser Arno Funke gestern beträchtlich nach unten gesunken. Waren die Journalisten am Dienstag noch frühzeitig aus den Betten gesprungen, um einen guten Platz im Saal 500 des Landgerichtes zu ergattern, blieben am gestrigen zweiten Verhandlungstag viele länger im Bett oder kamen gar nicht erst.

Freimütig räumte der 44jährige auch gestern Details seiner Taten ein, von denen einige der Polizei bislang unbekannt waren. Dem überraschten Staatsanwalt erklärte er, daß er bei einer gescheiterten Geldübergabe Ende Oktober 1992 in der Nähe des S-Bahnhofes Savignyplatz eine Waffe getragen habe. Das könnte ihm am Ende sogar eine härtere Strafe einbringen. Er habe aber nicht auf Polizisten schießen, sondern sich im Falle einer Festnahme selbst töten wollen.

„Es wäre an dem Tag beinahe so weit gekommen“, sagte er gestern in dem Verfahren, in dem ihm sechs Sprengstoffanschläge, schwere räuberische Erpressung und versuchte Brandstiftung zur Last gelegt werden. Nachdem ihn ein Beamter bereits am Ärmel gepackt hatte, war er davongeradelt und hatte sich in einer leerstehenden Wohnung versteckt. Als er „jemanden mit Hund“ im Haus hörte, habe er geglaubt, es seien Polizisten und habe sich die Pistole an die Schläfe gehalten.

Funke wirkte gestern ernster als zu Prozeßbeginn. Nur einmal, als der Richter aus einem der Schreiben an Karstadt zitierte, in dem er die Anweisungen auch in englischer Sprache erteilt hatte, lachte der Angeklagte laut auf. Nur selten huschte ein verschmitztes Lächeln über sein Gesicht.

„Wenn Sie meiner Forderung nicht nachkommen, wird mein Ehrgeiz darin bestehen, Ihnen größtmöglichen Schaden zuzufügen“, hatte Dagobert dem Karstadt-Konzern wenige Tage vor der nächsten gescheiterten Geldübergabe im April 1993 mitgeteilt, um seine mittlerweile auf 1,4 Millionen Mark erhöhte Forderung zu bekräftigen.

Der Prozeß wird am kommenden Dienstag fortgesetzt. Barbara Bollwahn