"Es geht um Geld und Macht"

■ Der Streit im deutschen Tischtennis geht weiter: In einem Brief voller "Vorschläge" forderte Karl Kamps, der Ligaausschußvorsitzende, vom DTTB, daß der "sich deutlich bewegt" / Der Verband reagiert bockig

Berlin (taz) – Die Vereine der Tischtennis-Bundesliga meutern: Da rackert man sich, meist in der Provinz, ab, den zweitklassigen Sport erstklassig betreiben zu können, und stößt permanent an Grenzen, insbesondere auch an jene, die der Verband, der Deutsche Tischtennisbund (DTTB) setzt, für den die Bundesliga nur ein Teil des Gesamtbetriebs ist. Die Liga aber will eine eigene Vermarktung durch eine GmbH, bessere Werberichtlinien, Einfluß auf den Terminplan und einen eigenen Fernsehvertrag. Doch den TV-Vertrag hat der DTTB, der auch den Terminplan auf die Bedürfnisse der Nationalmannschaft zuschneidet. Nun ist zwar die jüngst von Karl Kamps, Manager von Super Donic Berlin und als Ligaausschußvorsitzender Sprecher der Vereine, angedrohte Abspaltung der Liga vom Verband nur „ein theoretisches Denkmodell für den äußersten Fall“ (Kamps), doch der DTTB reagierte aufgescheucht mit einem Ultimatum. Bis zum 1. Februar sollen die Vereine verbindlich erklären, ob sie im Verband bleiben wollen. Kamps will eigentlich keinen Bruch, aber passieren muß etwas.

taz: Was genau möchten die Bundesligavereine vom DTTB?

Karl Kamps: Es handelt sich um legitime Wünsche der Vereine, die Organisation den heutigen Notwendigkeiten anzupassen.

Also der klassische Konflikt?

Das ist im Moment der klassische Konflikt, den viele Sportverbände austragen: Die Sportverbände haben sich aus Amateurstrukturen entwickelt. Das heißt nicht, daß Amateure das nicht gut machen könnten. Nur: es ist eben so, daß die Bundesligavereine Etats zwischen 400.000 und einer Million Mark haben. Das sind also kleine Betriebe.

Die von den Regularien des Verbandes in ihrem marktwirtschaftlichen Streben behindert werden?

Wir müssen flexibel sein. Daß heißt: Wenn wir mit potentiellen Sponsoren sprechen, die, sagen wir, bereit sind, eine Million in den Verein oder die Liga zu investieren, dann sagen die: aber dann möchten wir auch entsprechende Werbeflächen. Da müssen wir schnell reagieren können. Im Moment ist es so, daß wir einen Antrag stellen müßten bei der Bundeshauptversammlung, wo auch die Vertreter der Amateure als Delegierte sitzen, und die irgendwann in einem halben Jahr stattfindet. Ob es uns da gelingt, die zu überzeugen, ist noch eine zweite Frage. Aber, wenn ich das einem Interessenten aus der Industrie sagen muß, sagt der: Macht doch euren Mist alleine.

Noch etwas, was ihnen nicht paßt?

Der zweite Punkt ist die Terminplanung. Wir haben im Monat Januar nur ein Spiel. Das kann nicht sein. Wir können nicht von Ende Dezember bis Ende Januar eine tischtennisfreie Zeit haben, wenn da fußballfreie Zeit ist, in der man mit Tischtennis in die Medien gehen könnte und ins Fernsehen. Da müssen wir entscheiden können: nein, da findet kein Lehrgang der Nationalmannschaft in Barcelona statt, der soll zu einem anderen Zeitpunkt stattfinden.

Ihren Antrag auf Zulassung eines zweiten EG-Ausländers hat der Verband abgelehnt.

Zwölf Vereine mit je vier bis fünf Spielern, das sind 60, die die Bundesliga erfordert. Soviel bundesligataugliche Spieler gibt es zur Zeit nicht. Dafür wollen wir uns einen europäischen Markt schaffen, um die Qualität der Liga zu heben.

Die meisten ihrer Vorstellungen schwächen aber entweder die Nationalmannschaft oder den Verband?

Es geht letzten Endes um Geld und Macht. Wie immer und in anderen Verbänden auch. Wir zahlen pro Verein im Moment 30.000 Mark an Startgeld an den DTTB ...

... Das wollten sie ja auch nicht mehr.

Wir kommen daran nicht vorbei. Ich habe am Mittwoch an die Vereine einen Brief geschrieben, daß die das umgehend machen sollen. Wir haben nie gesagt, daß wir nicht bezahlen. Wir haben allerdings darum gebeten, gebeten, daß man uns von diesem Geld 50 Prozent zur Verfügung stellt für eine Vermarktungs- und Service-Gelellschaft, die wir gründen wollen, auch um Fernsehen und Marketing abzudecken.

Ihre Drohung, aus dem Verband auszutreten, ist aber doch wenig realistisch?

Sehen Sie: Alle beschäftigen sich mit Tischtennis, alle wollen, daß die Sportart nach oben gebracht wird. Die Vereine bringen mittlerweile sechs bis sieben Millionen pro Jahr in den Spitzensport ein, wir bezahlen weitestgehend die Spieler. Keiner will, daß man sich aus dem Verband rausbewegt. Nur für den Fall, daß man uns überhaupt nicht entgegenkommt, daß man kategorisch alle unsere legitimen Vorstellungen vom Tisch fegt, werden wir uns zusammensetzen und darüber nachdenken, ob wir den Kram allein machen.

Ist das „Horrorszenario“ von Präsident Gründahl realistisch, der droht, die zweite Bundesliga aufrücken zu lassen?

Gut, die können die zweite zur ersten machen, aber das interessiert doch keinen mehr.

Was haben die in der Hand? Was Sie?

Es wird Problemsituationen mit den Nationalspielern geben. Wir könnten unsere nicht zur Verfügung stellen, die könnten sagen: eure Spieler dürfen bei uns nicht in der Nationalmannschaft spielen. Die Spieler sind im Moment unser Faustpfand. Der DTTB sagt: okay, dann bezahlen wir die. Aber da würd' ich mich mal fragen: wo kommt denn das Geld her?

Nun haben beide Seiten bis Ende nächster Woche Reaktionen der anderen Seite eingefordert. Was passiert?

Ich habe ein Papier formuliert, in dem einige „Vorstellungen“, nicht Forderungen, aufgelistet werden, die als Verhandlungsvorschlag zu verstehen sind. Es ist nicht so, daß wir sagen, alles oder gar nichts. Wir sagen: wir erwarten vom DTTB, daß er sich deutlich bewegt.

Auch in Fragen des Fernsehvertrags? Der DTTB hat einen (mit ARD und ZDF), Sie haben seit 1. Januar keinen mehr?

Der DTTB wollte die Fernsehgelder zu 100 Prozent für sich. Das war aber nicht der entscheidende Punkt. Wir brauchen feste Sendezeiten. Wir würden am liebsten jeden Dienstag oder Mittwoch im Fernsehen erscheinen. Ich weiß, daß die Öffentlich-Rechtlichen das so nicht leisten können. Das ARD/ ZDF-Angebot war wirklich ein Angebot für Randsportarten. Das konnte man nicht annehmen. Da ist es uns lieber, gar keinen Fernsehvertrag zu haben, aber jedesmal frei verhandeln zu können.

Würde das Deutsche Sportfernsehen (DSF) sagen: wir übertragen jeden Dienstag um 17 Uhr, dann würden Sie dienstags um fünf spielen?

Dann würden wir möglicherweise spielen. Da sind wir ganz flexibel. Interview: Peter Unfried