■ Bös blöd: Die „Erste Berliner Blondinenparty“
: Zirka 231 rollige Männer

Berlin (taz) – Alle Gerüchte stimmen, behauptet der Volksmund. Hier also kurz die blonde Nachrichtenlage: „Sie gleichen einer Schrotflinte, beide werden nach vorne abgeknickt und von hinten geladen. Sie sind unökologisch, mann kann sie nur einmal benutzen und muß sie dann wegwerfen. Sie unterscheiden sich von der Titanic, bei der nämlich weiß man, wieviel drauf waren.“ Ja, ja bös blöde Sachen erzählen die Menschen über Blondinen, seit die Ostfriesen- und Mantafahrerwitze out sind. Und so hatten die dunkelblonde Iris und die goldblonde Suse noch halbwegs trendy zur „Ersten Berliner Blondinenparty“ geladen.

Ort des Geschehens: eine Hinterhofgalerie in Berlins Osten. Motto: Blondinen bevorzugt. Gäste: zirka 231 rollige Männer, hauptsächlich dunkelhaarig, 57 Frauen, davon 36 brünett oder schwarz, der Rest blond. Hinter der Theke: das Rosenresli im zuckersüßen Püppchenkleid, eine langhaarige Blondine, in jeder Hinsicht ums Klischee bemüht. Wenn Baccaras „Yes Sir, I can boogie“ durch die Boxen schrummert, dann wiegt Rosenreslis Blondschopf im Takt, während ihre netzbestrumpften Beine jungmädchenhaft wippen. „Ist das nicht schön“, sagt sie einmal mit ihrer tiefen Männerstimme und schaut erwartungsvoll zu all den Kamerateams, die vor Begeisterung fast erblonden. Eine Vox- Kollegin etwa ist für Lilo Wanders „Wa(h)re Liebe“ unterwegs. Sie sucht mindestens einen (1) Einfaltspinsel, der ihr ein (1) einschaltquotengeiles Interview gibt. Er soll vor laufender Kamera Dinge sagen wie beispielsweise: „Ich lege gerne eine Blondine aufs Kreuz, um sie dann richtig durchzu... äh.“

Auf der Bühne zwitschern inzwischen ein paar putzige Ziervögel: zwei Damen (blond) und ein Herr (blond). Sie nennen sich „Libidow“ und sind eine richtige Band. Eigentlich sind sie zu fünft. „Zwei sind noch unterwegs“, sagt die blonde Veranstalterin Suse, „aber bei Glatteis kann's ja länger dauern.“ Draußen nieselt es.

Die Libidows auf der Bühne singen so etwas wie „I love devotion“. Das klingt wie frühpubertierende ABBA. Im Hintergrund schwingen sieben bis acht kecke Mädels (blond) die Hüften. Eine stirnbandgeschmückte Aschblonde wirft dabei demütig den Kopf in den Nacken. Ein Vox-tauglicher Gast bemerkt: „Die haben alle zusammen den IQ eines Pantoffeltierchens.“

In dem poppig-orangenen Raum stehen aufklappbare Space- Schalen. Auf einem dieser Stühle hängt eine Dame mit Trompetenhose aus den 70ern. Vor ihrer Brust peppt ein Schild: „Ich war eine fiktive Blondine“. Sich vom blonden Kult loszusagen, lallt sie, das sei etwa wie das Rauchen aufgeben. Insgeheim würde sie sich freuen, bald wieder rückfällig zu werden.

Und spätestens jetzt wird klar: Die Blondine trägt ihr Stigma mit Stolz. Kein Grund also für eine Selbsthilfegruppe. Nummer 45, eine kleine Frau, und wie sich später herausstellt, Rosenreslis Mutti, hat sich ihre Haare sogar extra gefärbt. Blond natürlich. Die Nummer trägt sie übrigens für die Wahl der allerblondesten Blondine des Abends.

Die Party: gerade mal „schräg“ und „schrill“ genug für zwei Fotos in der Springerpresse. Und das mißfällt einigen. Beim Rausgehen erklärt eine Dunkelblonde ihrem Freund: „Nächstes Mal bestimme ich, wo wir hingehen.“ Und ihre Augen leuchten, ohne daß eine Straßenlaterne Licht in ihre Ohren wirft. Tomas Niederberghaus

(weißblond)

hab' die pointe nicht verstanden, wer erklärt sie mir, fragt der straßenköterblonde red.