Buddha in Bayern
: Hoffnung im Leichenschauhaus

■ Stoiber Edmund meets Wallentin Karl – 15. Bayerischer Filmpreis vergeben

Der „Pierrot“ ist nicht der Oscar, München nicht Hollywood, und Gerhard Schmitt-Thiel leider auch nicht Billy Crystal oder gar David Letterman (der angeblich die nächste Oscar-Verleihung moderieren soll). Dennoch sind Filmpreise immer erfreulich, und die 1.200 Festgäste, die sich am Freitag abend in der Münchner Residenz zur Verleihung des Bayerischen Filmpreises 1994 drängelten, konnten ernsthafte Bemühungen des Bayrischen Fernsehens erkennen, ein bißchen Flair in die Sache zu pusten. Klaus Doldinger, Michael Nyman, das Pasadena Roof Orchestra, der Pantomime Peter Shub, man hatte sich nicht lumpen lassen. 780.000 Mark Preisgeld immerhin hat die Staatskanzlei ausgeworfen.

Das Politikum zuerst: Ministerpräsident Edmund Stoiber, geborener Bayer, sprach in seiner Festrede den Namen von Karl Valentin zweimal falsch aus: Wallentin nämlich. Für diese Sünde werden Preiß'n normalerweise des Freistaats verwiesen. Wollte Stoiber mit diesem bewußt anbiedernden Fauxpas bundesweite Ambitionen der CSU signalisieren? Ein Raunen, Grausen, ging durch die ehrwürdige Heimstätte des Jahrtausendgeschlechtes der Wittelsbacher. Stoiber, Stoiber, das wird viele Punkte in den Stammlanden kosten.

Die Preisträger waren wie üblich drei Tage vorher von der Münchner Abendzeitung verraten worden. So konnte die rechte „And the winner is ...“–Spannung natürlich nicht aufkommen, aber das war schon deshalb nicht so schlimm, weil spätestens Schmitt- Thiel wohl auch das verbaselt hätte. Ein schöner Zug allerdings und ins Kino-Jubiläumsjahr passend, daß der Ehrenpreis an den uralten Chefkonstrukteur des berühmten Arriflex-Kamerasystems, Erich Kästner, verliehen wurde. Auch beim Kamerapreis wurde gute Technik belohnt: Die 20.000 Mark bekam „Steadycam- operator“ Jörg Widmer, der zuletzt auch mit Antonioni und Wenders (Par-dela les nuages) gedreht hat, und mit den inszenatorischen Möglichkeiten der Steadycam spielt.

Den Produzentenpreis (je 250.000 Mark) bekamen Peter Zenk für den Vilsmaier-Film „Charlie und Louise“ sowie Clemens Kuby für seinen „Little Buddha“. Kuby, im Buddha- T-shirt, ließ sich nicht nehmen, Edmund Stoiber dafür zu danken, „daß im katholischen Bayern ein Film, der die Wiedergeburt propagiert, diesen wunderbaren Preis erhält“. 1987, als er für den Film die Bayerische Filmförderung beantragt hatte, war dieses Ansinnen auf Druck der Kirchen entrüstet abgelehnt worden. Dem somit offenbar „gelassener gewordenen“ Ministerpräsidenten empfahl er, diese Gelassenheit zu nutzen und bei nächster Gelegenheit auch dem Dalai Lama die Hand zu schütteln.

Den Drehbuchpreis bekamen Thomas Strittmatter und Jan Schütte für ihren Film „Auf Wiedersehen Amerika“. Warum die „Verwertungsgesellschaft für Nutzungsrechte an Filmwerken VNF“ den von ihr gestifteten Nachwuchsproduzentenpreis an die Hager-Moss-Film für „Frauen sind was Wunderbares“ auswarf, konnte auch der Laudator, Oldie Franz Seitz, nicht so recht klarmachen, außer vielleicht, daß der Titel stimmt.

Bei den Preisen für die beste Regie störte ein wenig, daß man den einen Film „Die tödliche Maria“ von Tom Tykwer (Nachwuchspreis) nicht mehr, den anderen, „Das Versprechen“ von Margarete von Trotha, noch nicht sehen kann. Mit Trothas Film soll am 9. Februar die Filmfestspiele in Berlin eröffnet werden (er ist auch schon für eine Oscar-Nominierung vorgesehen). Der Film erzählt eine ebenso lange wie komplizierte Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands. Offensichtlich großes deutsches Kino mit Emotionen. Meret Becker, die Hauptdarstellerin bekam einen der fünf Darstellerpreise. Nina Petri für „Die tödliche Maria“ einen weiteren. Die anderen Darstellerpreise gingen an Maria Schrader, Joachim Krol und Herbert Knaup.

Am Samstag lud die CSU zum 20. Filmgespräch, wo alles, was Rang und Namen hat im Busineß, sich zum wiederholten Male den baldigen Tod des deutschen Films bescheinigen ließ. Rettung verhießen die schneidigen Experten vor allem in mehr „Markt- und Publikumsorientierung“, in „globalem Denken“, „besserem Marketing“ und „product managing“ bei jedem deutschen Film. Nur eine Minderheit wollte diesem Zuschnitt nicht so ganz zustimmen und beharrte darauf, daß Kino als Mischprodukt und nicht bloße Industrie weiterhin und verstärkt auch der Förderung bedürfe. So zog ein bißchen Hoffnung ins Leichenschauhaus. Weder die bayrische Staatsregierung noch das Bayerische Fernsehen (das 1995 das Kino in einem eigenen Jubiläumsprogramm feiert) werden den deutschen Film verkommen lassen. Das valte Wallentin. Thomas Pampuch