Breit auf dem Rücksitz

■ „City Floh“ fährt Kneipen-Gäste nach Bestellung in deren Auto nach Hause

Silvio Nohke quetscht sich an den vollbesetzten Tischen der Charlottenburger Kneipe „Okeh“ vorbei. „Hat hier jemand einen City Floh bestellt?“ ruft er in den Raum. Keine Reaktion. „Das ist jetzt schon das zweite Mal, daß ihr hierherkommt und keiner hat euch bestellt“, lacht der Wirt. „Ich glaube, jemand verarscht euch.“ „Scheiße, die ganze Tour umsonst“, sagt Silvio. Genervt schwingt er sich auf sein „Ultra- Mini-Mokick“ und wartet auf den nächsten Auftrag.

Derweil herrscht in der Zentrale von „City Floh“ das Chaos. Ein Kunde aus Karlshorst hat schon zum zweiten Mal angerufen. City-Floh Thorsten Schmidt* sollte ihn eigentlich schon längst abgeholt haben, steht aber wegen einer Panne mit seinem Mokick noch in Spandau. Geschäftsführer Jan Müller seufzt: „Heute geht aber auch wirklich alles schief.“

Seit Ende November bietet „City Floh“ seinen Service für alle an, die beim Kneipen-Besuch auf das eigene Auto nicht verzichten wollen. Gegen eine Anfahrtsgebühr von 10 Mark plus 2,50 Mark für jeden Kilometer kann ein Chauffeur bestellt werden, der auf einem zusammenklappbaren Camping-Mofa anfährt und den Kunden samt Auto vor der eigenen Haustür ablädt.

Ursprünglich stammt die Idee von Michael Rexroth aus Frankfurt am Main, wo der Chauffeur- Service seit fünf Monaten boomt. Mittlerweile haben 15 Unternehmen in ganz Deutschland Lizenzen bei Rexroth gekauft, und er rechnet mit zehn weiteren Eröffnungen bis Ende Mai.

Auch in Berlin läuft das Geschäft laut Müller gut. „Die meisten Touren klappen ohne Probleme. Aber wir sind eben noch eine junge Firma und haben pro Nacht nur vier bis acht Fahrer im Einsatz. Da müssen die Kunden Verständnis haben, wenn es mal ein bißchen länger dauert.“

Und die meisten haben Verständnis. Nach einer Stunde kommt die Fahrt nach Karlshorst doch noch zustande. Fahrer Thorsten Schmidt hat Glück. Das Ehepaar, das sich abholen läßt, ist guter Dinge. „Macht nichts. Wir haben inzwischen noch eine Flasche aufgemacht.“ Jon und Andrea Draheim finden die Idee so gut, daß sie den Service jederzeit wieder in Anspruch nehmen würden. „Endlich nicht mehr diese ewige Diskussion darum, wer fährt, wenn beide getrunken haben.“

Fast alle Kunden sind laut Auskunft der City-Flöhe betuchte Leute, „die Wert darauf legen, mit dem eigenen Auto vorzufahren“. Die meisten von ihnen seien früher „einfach besoffen gefahren“ oder haben sich von einem Taxifahrer das Auto heimchauffieren lassen, was natürlich um einiges teurer war. „Einen Stammkunden haben wir schon. Der ruft fast täglich an“, erzählt Jan Müller. Probleme mit volltrunkenen Kunden gebe es selten. Thorsten Schmidt: „Bloß einen hatte ich heute, der lag völlig breit auf dem Rücksitz und wunderte sich ständig, wer ich bin.“ Tanja Hamilton

*Name von der Redaktion geändert