Die Mainzer Straße in Moskau

Die „Initiative Frauen für Momper“ lud den Möchtegern- Spitzenkandidaten der SPD zum Hexenfrühstück und schmierte ihm jede Menge Honig ums Maul  ■ Von Jeannette Goddar

Ihre Besen hatten sie im Schrank gelassen. Das „Hexenfrühstück“, zu dem der SPD- Möchtegern-Spitzenkandidat Walter Momper gestern eingeladen war, kam mehr einer Wahlkampfveranstaltung für das weibliche Geschlecht gleich. Erstaunlich war das nicht, hatte doch zu dieser ach so provokativen Veranstaltung die „Initiative Frauen für Momper“ geladen; Untertitel: „Frauenpolitik und Walter Momper“.

Wahlkampfüblich wurde der Frühstücksgast kräftig umgarnt, gelobt und umworben. Eine wahre Welle von Parteieintritten von Frauen hätte seine Rückkehr in die Politik mit sich gebracht, erklärte Barbara Riedmüller-Seel, Moderatorin der Veranstaltung und vor Jahren Wissenschaftssenatorin in Mompers rot-grünem Senat. Spannende Frage an Momper: „Warst du überrascht darüber, oder hast du gedacht, klar, ich bin der Typ für die Frauen?“ Der Kandidat wußte nicht so recht, schätzte aber nicht ganz unmännlich, daß viele Frauen auf sein Durchsetzungsvermögen setzten. Frauenpolitisch könne man Walter Momper nicht viel vorwerfen, bemerkte eine Frau, „außer, daß er ein Mann ist“.

Dankbar für soviel Unterstützung präsentierte sich Momper als wahrer Freund frauenpolitischer Forderungen. Mit Nachdruck setzte er sich für mehr Hortplätze und längere Kita-Öffnungszeiten ein, versprach, als Regierender Bürgermeister wieder eine quotierte SenatorInnenriege anzustreben. Zwischendurch schwafelte er auch mal kurz über das KaDeWe, erwähnte das Alter seiner Kinder und wie er sie früher mal zu spät von der Kita abgeholt habe und vergaß auch nicht, mehrfach seine Ehefrau zu erwähnen, „die sich ja auch sehr engagiert“.

Größere Schwierigkeiten bereitet dem weiblichen Blickwinkel, auch in Kreisen der Unterstützerinnen, allerdings Mompers Reputation als „König Momper“, als autoritärer Machtmeier sozusagen. Warum seine Gegenspielerin Ingrid als kommunikativer und kooperativer gelte, wollte eine wissen. Da setzte Frühstücks-Momper, der am 5. Februar zum Spitzenkandidaten der SPD für das Amt des Regierenden Bürgermeisters gewählt werden will, zum Rundumschlag an, um das schiefe Bild von ihm geradezurücken. Entgegen Presseberichten könne er sich nur an zwei Gelegenheiten während seiner Amtszeit erinnern, bei denen Senatorinnen die Sitzungen unter Tränen verlassen hätten. Riedmüller-Seel sprang ihrem Über-Momper zur Seite. Es sei doch ganz toll, „wenn Frauen ihren Streß und ihren Druck mit Tränen abbauen können“.

Bei den heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der rot-grünen Koalition will der damalige Regierende Bürgermeister abwesend gewesen sein. „Gucken Sie mal, ich war doch bei allen Konflikten nicht dabei.“ Federführend gestritten hätten sich seine Senatorinnen. Vom Beschluß zur Räumung der Mainzer Straße, der Anfang vom Ende von Rot-Grün, habe er erst im fernen Moskau erfahren. Mit Unschuldsblick plauderte er aus dem Diplomaten-Nähkästchen: „Der Botschafter kam zu mir und fragte, ob ich wüßte, daß Berlin in Flammen steht.“ Es kam noch dicker: Die Senatssitzung, in der die Räumung beschlossen worden sei, habe Frau Stahmer geleitet. Oh Mann, Walter.

Die frühstückenden Frauen mußten von Mompers humanistischen Prinzipien ohnehin nicht überzeugt werden. Ihr Bild des strahlenden Vereinigungs-Bürgermeisters hat durch Mompers Abstieg in die Niederungen der Berliner Baubranche keine Kratzer abbekommen. „Ich bin für Walter Momper, weil er 1989 so ein hervorragender Bürgermeister war“, erklärte eine Frau. Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Gerlinde Schermer glaubt an Mompers Bonus im Osten: „Du warst mit deinem roten Schal damals am richtigen Ort.“

Angesichts dieser Seelenmassage am frühen Morgen setzte Momper, so gar nicht der gestreßte Politiker, nach Ende der Veranstaltung im kleineren Kreis ein zweites Mal zum Frühstück an.