Zeigen, was 'ne Schnecke ist

■ Wolfgang Menges lang erwartete Komödie "Spreebogen" bleibt weit hinter der Realsatire des geplanten Regierungsumzugs zurück (20.15 Uhr, ARD)

Als Wolfgang Menge der Presse 1993 seinen „Friedhelm Motzki“ vorführte, schürte er bereits mehr Vorfreude auf sein nächstes Projekt als auf seinen grantelnden Serien-Kotze-Brocki-Wessi. Eine Komödie über den geplanten Regierungsumzug nach Berlin schwebe ihm vor, so Menge damals. Na, prima. Das konnte ja nur heiter werden. Schließlich zeichneten sich die realen Possen der Bonner Schreibtischtäter auch damals schon überdeutlich ab, und ein Autor von Menges Kaliber würde angesichts dieses Stoffes schon dafür sorgen, daß dem Pfälzer Buben am Austrahlungsabend der Saumagen nicht mehr schmecken würde.

Herausgekommen ist bei dem Unternehmen nun ein Fernsehspiel, das hier und da seine guten Momente hat, aber letztlich den hochgesteckten Erwartungen kaum gerecht wird, geschweige denn zu nennenswerten Magenverstimmungen in Oggersheim führen dürfte: In einem eigens geschaffenen Ministerium für „Aufbau, Planung und Umzug“ läßt Menge Minister Hugo Bartels (Rolf Hoppe) öffentlich Sonntagsreden mit dem Tenor „Auf nach Berlin!“ schwingen. Hinter den Kulissen setzt der Volksvertreter jedoch alles daran, den geplanten Umzug hinauszuzögern. Dabei stehen ihm seine Mitarbeiter treu zur Seite. Allen voran Staatssekretärin Dr. Monika Segler-Ippenstedt (Loriot läßt grüßen), verkörpert von Hannelore Elsner.

In dieser Situation kommt den vereidigten Umzugsbetreibern der Ossi Günther Struvitz (Jaecki Schwarz) wie gerufen. Der Bürgermeister aus dem märkischen Jüterborg steht eines Tages mit einem Dokument auf der Bonner Matte, das seine Gemeinde als rechtmäßigen Besitzer jener Parzelle des Spreebogens ausweist, auf dem das neue Kanzleramt errichtet werden soll. Doch der vermeintliche Glücksbringer erweist sich als harter Brocken. Denn Struvitz will den Umzug keineswegs verzögern, sondern beschleunigen, um dabei für seine Jüterborger ein eigenes lukratives Süppchen zu kochen ...

So weit, so pfiffig ausgedacht. Nur leider ist Menge und Regisseur Konrad Sabrautzky wenig eingefallen, um der Komödie den nötigen Drive zu geben. Von Biß ganz zu schweigen. Daß aus dem ehemaligen Jüterborger Holzkombinat inzwischen die Tischlerei Krause & Eppelmann geworden ist, ach ja, das ist ein bißchen witzig. Und daß die Wessi-Truppe auf Berlin-Besichtigung beim Grenzübertritt gen Osten kollektiv zu den Atemschutzmasken greift, ach ja, auch das ein bißchen. Doch insgesamt plätschert das Ganze mit reichlich bemühten dramaturgischen Hakenschlägen (wie einer gänzlich unnötigen Film-im-Film- Klammer) so gemächtich dahin, als wolle man der Bonner Betulichkeit in Sachen Umzug mal zeigen, was 'ne Schnecke ist.

Und auch die Besetzung – von Rolf Hoppe mal abgesehen – will nicht so richtig funktionieren. Das komische Potential von Hannelore Elsner beschränkt sich erwartungsgemäß auf das einer gereiften Frau im Kostüm, und Theater- Denkmal Traugott Buhre ist in der Rolle eines melancholischen Finanzmoguls mit Dackelblick glatt verschenkt. Kurzum, ein Na-ja- nun-gut-Fernsehspiel, bei dem man über 90 Minuten das Gefühl nicht los wird, daß es bei der Realsatire um den Spreebogen weit komischer zugeht als in dieser Komödie. Reinhard Lüke