Giftiger Klärschlamm für die Ukraine

■ Giftmüll als „humanitäre Hilfe“ deklariert – Bremer als Makler des Deals in Verdacht

Schon im September informierte Greenpeace die Bremer Umweltbehörde von ihrem Verdacht: Demnächst sollten über die Bremer Firma „Expreß Import Export“ bis zu einer Million Tonnen hochgiftigen Klärschlammes per Schiff aus Holland übers Mittelmeer in die Ukraine verdealt werden.

Die Bremer Umweltbehörde ging dem Hinweis nach, informierte das Bundesumweltamt, die hiesige Kripo und andere Behörden. Neben Greenpeace beteiligte sich die holländische Niederlassung der Umweltorganisation „Working Group Schönberg“ an den Recherchen. Das hiesige Wasserschutzpolizeiamt vernahm schließlich „Herrn Feldmann“. Der aus der Ukraine stammende Rußlanddeutsche soll als Mittelsmann aufgetreten sein und ist Inhaber der weder gewerbeamtlich gemeldeten, noch im Handelsregister eingetragenen Bremer Firma. Der Müllmakler räumte, so Adolf Pösel vom Umweltressort, einen „Transport von Klärschlamm in größerem Stil von Holland in die Ukraine“ ein. Die benötigte Exportgenehmigung aus Holland und die Importgenehmigung aus der Ukraine lägen Feldmann zufolge vor. Feldmann benannte als Auftragsfirmen die „Rutte Recycling BV“, eine bekannte Entsorgungsfirma in Holland. Die ukrainische „Shelf-Yug“ sollte als Abnehmer fungieren.

Ermittlungen der niederländischen und deutschen Behörden ergaben, daß Feldmann gelogen hatte: Weder gab es eine holländische Export-, noch die richtige Importgenehmigung. Die nämlich hätte vom ukrainischen Umweltministerium ausgestellt werden müssen. Es lag aber nur die vom Landwirtschaftsministerium vor. Womöglich hatte Feldmann oder eine der Firmen bessere Kontakte dorthin. Wahrscheinlicher aber ist, was die ukrainische Presse derzeit berichtet. Der Klärschlamm nämlich sollte als „humanitäre Hilfe“ und „Düngergeschenk für die Landwirtschaft“ deklariert werden.

Am Freitag durchsuchte die holländische Polizei das Haupthaus und drei Zweigstellen der holländischen Firma, die dem „Volkskraant“ zufolge bereits 1993 giftige Schlämme als Kompost an flandrische Bauern verhökert hatte. Jetzt wurden Unterlagen beschlagnahmt und Mitarbeiter verhört. Wie Greenpeace der taz gegenüber mitteilte, soll der Geschäftsführer der Recyclingfirma eingeräumt haben, mit dem ukrainischen Abnehmer in Verhandlungen über 20.000 to Klärschlamm gestanden zu haben. Allerdings leugnet er, bereits geliefert zu haben.

Nach den Ermittlungen aber soll es bereits 1994 kleinere Lieferungen gegeben haben. Die ukrainische Presse jedenfalls veröffentlichte die Ergebnisse von Analysen. Bei dem Schlamm soll es sich um eine Mischung aus industriellen Klärschlämmen und Schlick aus holländischen Häfen handeln. Schon dies ein Gesetzesverstoß, denn in Holland gilt wie in Deutschland das Vermischungsverbot. Darüberhinaus war der Schlamm schwerstbelastet, es war Arsen drin, Quecksilber, Blei und überschritt die Grenzwerte bei Kupfer und Zink gleich um das Drei- bis Vierfache. Genug, daß die Ukraine ein sofortiges Einfuhrverbot für ähnliche Stoffe verhängte.

Die legale Entsorgung so giftiger Klärschlämme kostet in Holland etwa 200 Gulden pro Tonne. Ein 200 Millionen-Geschäft also, das da platzte. Wer letztlich hauptverantwortlich ist, steht so wenig fest wie die Schuld des Bremers. Da der Titel des Müllmaklers bislang gesetzlich nicht geschützt ist, sind auch seine Verantwortlichkeiten unklar. Möglich sei sogar, so Adolf Pösel, daß Feldmann „das völlig gutgläubig gemacht hat“. Das allerdings ist angesichts der widersprüchlichen Aussagen kaum zu glauben. Die Behörden ermitteln weiter.

Dora Hartmann