■ Das Portrait
: Robert Wyatt

KP-Poet Foto: Archiv

Wer sich postum zum Kommunismus bekennt, wird gern verspottet. Robert Wyatt, ehemaliger Drummer und Sänger der sanften Maschine namens Soft Machine, steht nun eher wie ein Fels in der verdammt vielschichtigen Geschichte dieses Kommunismus. Das Angenehme und gleichzeitig Befremdliche an Wyatt: Er bekennt sich zu seinen alten Postionen, ja er scheint nicht im geringsten an deren Revision zu denken. Wyatt, der seit 1974, als er bei einer Party aus dem Fenster stürzte, im Rollstuhl sitzt, kommentiert die Widersprüche der Entwicklung der Arbeiterbewegung mit ironischer Distanz: „Als langjähriges Mitglied der Kommunistischen Partei hat mir die Situation irgendwie Vergnügen bereitet, die Partei in einem kompletten Durcheinander von Ausflüchten, Entschuldigungen und Tarnfarben im Sande verlaufen zu sehen.“ Er ist ausgetreten, kämpft aber in Spanien weiter für gute Sachen: „Die Partei hat mich verlassen, haha“, so Wyatt in Spex 10/91.

Der Musiker hätte sicher auch viel Freude an den Windungen der DKP nach 89 gehabt, der ihre lustigsten Positionen, wie etwa die, daß kapitalistische Atomkraftwerke zu bekämpfen seien, sozialistische aber nicht, da sie in der Hand (!) der Arbeiterklasse lägen, plötzlich peinlich waren. Bei Wyatt dagegen klang zwischen den Zeilen immer durch, wie er den Kampf für die bessere Welt führen wollte: zwischen Tragödie und Komödie, zwischen Witz und tiefem Ernst. So konnte er das Arbeiterkampflied „Red Flag“ in einer schaurig-schönen Weihnachtsliedversion mit Soloklavier gleichzeitig konterkarieren und fortschreiben: „We keep the red flag flying here!“ Auf dem in krassen Kontrastfarben gestalteten Cover seiner Platte „Nothing Can Stop Us“ von 1982 reckt ein Arbeiter den rechten Arm empor, einen Schraubenschlüssel in der geballten Faust. Der working class hero mit Schiebermütze steht aber nicht auf irgendeiner Barrikade oder vor einer englischen Kohlengrube, er ziert als Kühlerfigur einen Rolls- Royce. Merkwürdigstes Stück auf der Platte ist, abgesehen von einem Stalin-Gedicht, die funkige A-cappella-Version des Golden Gate Quartet Songs „Stalin wasn't stalling“, der kurz vor Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg entstand.

Witz, Ernst oder beides? Wyatt soll, als er sich in den Siebzigern für Jahre aus dem Musikgeschäft zurückzog, gesagt haben, es mache mehr Spaß, auf Parteiversammlungen zu gehen als mit Musik Geld zu verdienen. Andreas Becker