Press-Schlag
: Ganz schrecklich out

■ Keine Häme bitte über die auch beim DFB-Hallenmasters siechen Bayern

Das Gegenteil von gut ist manchmal gut gemeint. Die Haare streng nach hinten gekämmt, die Mähne mittels Zopf domestiziert, durchmaß Michael Sternkopf raumgreifenden Schrittes das kunstrasene Grün der Olympiahalle; diesmal gab der emsige Ersatzbankanwärmer des FC Bayern den Ballverteiler. Auch der Kollege Mehmet Scholl mühte sich forsch, drosch die Plastikkugel verwegen auf Gegners Tor – „jaaah, der Mehmet hat sich was vorgenommen fürs neue Jahr“, jubilierte Hallensprecher Markus Hörwick, Pressemann beim deutschen Fußballmeister.

Obzwar der Erfolg sich beim Gastgeber nicht so recht einstellen mochte, worauf die zahlende Kundschaft trotz vielstimmiger Aufforderung die Welle verweigerte; wenngleich das taktisch wohl kalkulierte Kurzpaßspiel zumeist ein endlos ödes Ballgeschiebe blieb – es war endlich wieder was los im Dorf. Das DFB-Hallenmasters samt Prämien hatte nicht nur die properen Indoorkicker an die Isar gelockt, auch die flippigen Frauen vom Deutschen Sportfernsehen turnten hip umher, noch besser nur die leibhaftige Comicfigur Bill Body. Und was noch beeindruckender war: Sämtliche potentiellen Angestellten des FC Bayern fanden sich zum kollektiven Vorstellungstermin ein.

Keine Frage: Angebrochen ist an der Säbener Straße die Zeit der personellen Restrukturierung. Weil Giovanni und Paola Trapattoni zwar noch bis Mitte Februar über die Fortsetzung seines Engagements sinnieren dürfen, es sie aber mächtig ins heimische Italien drängt, hatte ein Münchner Boulevardblatt den Karlsruher Winfried Schäfer zum künftigen FCB- Übungsleiter geadelt; und die Nachrichtenagenturen tickerten die Kunde hinaus in die Republik. Nix da, sagt Winnie, und auch Stuttgarts Nationalspieler Thomas Strunz, dessen Rückkehr so ersehnt wird, erging sich, wie es das ritualisierte Geplänkel will, hauptsächlich in kryptischen Botschaften – wird aber vermutlich heimkehren. Wie schön, daß wenigstens Andreas Herzog die Unterschrift unter einen Dreijahresvertrag annoncierte und mithin das zänkische Gezerre zwischen seinem aktuellen Arbeitgeber (Werder Bremen) und dem künftigen beendete. „Bayern war immer mein Traum“, schmäht auch der Wiener branchenüblich.

Nachdem sich Münchens Sportpresse zunächst noch mit allerlei aufgeblähten Unmeldungen einen Schlagzeilen- Wettbewerb geliefert hatte, paßte diese frohe Nachricht vortrefflich in den fulminanten Wochenausklang. Die Bild-Zeitung hatte der Achillessehnen-Malaise des Lothar Matthäus am vergangenen Freitag gleich eine Sonderseite gewidmet, tags drauf funkte der messianische Mittelfeldmalocher per Handy aber schon wieder ein Lebenszeichen in die olympische Arena: Schon in zwölf Wochen wolle er wieder gegen den Ball treten, kündigte der Kapitän seinen Mitstreitern an. Wenn das nicht mal schon zu spät ist! Beim Kick-off zum lukrativen Viertelfinale der Champions League gegen Göteborg wird Matthäus jedenfalls fehlen.

In den nächsten Tagen wird der Lenker (bisweilen auch Denker) des Rekordmeisters das Bogenhauser Hospital wieder verlassen können, beim Hallenmasters wurden die Kickkünste des Lothar Matthäus indes nicht weiter vermißt, denn unter der Neonsonne hätte er eh nicht mitgemacht. Ob das der Grund für die spielerisch dürftige Selbstdarstellung der Gastgeber war?

„Wir konzentrieren uns auf die Rückrunde in der Meisterschaft“, sagte Alexander Zickler, deshalb haben wir uns auf die Halle kaum vorbereitet.“ Flugs zog der wegen des Herzog-Transfers vergrätzte Werder-Manager Willi Lemke einen Kausalzusammenhang zwischen der flauen Vorstellung der bajuwarischen Balltreter und der drögen Atmosphäre auf der Tribüne: Großartige Stimmung – wie etwa in Dortmund – sei allein deshalb nicht zu erwarten, „weil hier die heimische Mannschaft so erfolglos spielt“, piesackte Lemke Richtung Münchner Kollege Uli Hoeneß.

Fehlt dem kühlen Hanseaten etwa jedwedes Mitleid gegenüber dem verletzungsbedingt (neben Matthäus kränkeln Kahn, Papin, Kostadinov) ausgedünnten FC Bayern? Hat der Mann kein Herz? Immerhin behalten selbst die professionellen Spötter derzeit ihre publizistischen Giftpfeile im Köcher. Und in der Abendzeitung war unter der Rubrik „Münchner Trends“ nachzulesen, was momentan ganz schrecklich out ist: Häme über den FC Bayern!

Doch ob diese merkwürdige Mode von Dauer sein wird? Wir sind gespannt, Kollegen. Markus Götting