Frauen gehört die Hälfte der Welt

■ betr.: „SelbstbeSPIEGELung“, taz vom 14. 1. 95

[...] „Unterdrückte Nachrichten“, zitierte der Kritiker den geschaßten Chefredakteur Hans Werner Kilz, „sind allemal gefährlicher als voreilige, leichtfertige, geschmacklose oder gar falsche“. Um dann zu fragen: „Welche Nachrichten unterdrückt Spiegel- Spezial?“ Das lag allerdings so klar auf der Hand, daß niemand mein Erstaunen beschreibt, als ich lesen mußte, daß das Gravierendste, sofort ins Auge Stechende von Prof. Ruß-Mohl überhaupt nicht bemerkt, ja nicht einmal erwähnt wurde: Die im Spiegel-Spezial fehlenden Journalistinnen!

Daß Lafontaine im Spiegel-Spezial 27, der Spiegel selbst 58mal zitiert wird, ist kaum so erwähnenswert wie die Tatsache, daß 35 namentlich genannten Journalisten zwei Journalistinnen gegenüberstehen. Wobei einer dieser beiden, Uta von Steen, zynischerweise ganz hinten auf Seite 149 erlaubt wird, über die Rolle von Frauen im Journalismus zu schreiben. „Frauen“, schreibt von Steen, „haben nicht nur einen schärferen Blick für die Situation von Frauen. Sie weiten insgesamt die sonst eingeschränkte Weltsicht der Medien.“ Die außerordentlich eingeschränkte Weltsicht von Spiegel- Spezial jedoch wird noch übertroffen von der ebenso eingeschränkten Weltsicht Prof. Roß-Mohls von der FU Berlin.

„Ich weiß nicht“, meint von Steen am Schluß ihres Artikels, „ob Frauen anders schreiben. Es ist mir auch egal. Tatsache ist, daß ihnen die Welt zur Hälfte gehört.“ Die Frau hat recht. Sandra Holler, Hamburg