Knüppel gegen Volksuni

■ Die französische Polizei verhindert im Quartier Latin Eröffnung einer Volksuni für Obdachlose

Paris (taz) – Es sollte ein Straßenfest werden und geriet zur Schlacht. Gaukler, Musiker, Politiker und der vom Papst geschaßte Ex-Bischof Jacques Gaillot waren gekommen, um am Samstag eine „Volksuniversität“ für Obdachlose im Pariser Stadtteil Quartier Latin zu eröffnen. Doch schon bei ihrer Ankunft am Boulevard Saint-Germain trafen sie auf eine stattliche Anzahl von Polizisten, die den Weg zur „Volksuniversität“ blockierten. Aus „Sicherheitsgründen“ hatte die Präfektur das Eröffnungsfest verboten – die Veranstalter sprachen von einem „vorgeschobenen Argument“. Bei dem anschließenden Knüppeleinsatz wurden mindestens sechs Demonstranten und Polizisten verletzt.

Die „Volksuni“, organisiert von Mieter- und Obdachlosengruppen, befindet sich in einer ehemaligen Schule im Quartier Latin. Neben einer Anlaufstelle für Obdachlose sollen hier auch Räume für Hilfsorganisationen eingerichtet werden. Das Gebäude schließt an ein Wohnhaus an, das im Dezember in einer spektakulären Aktion besetzt wurde. Damals hatte die Teilnahme des populären Armenpriesters Abbé Pierre für so große öffentliche Resonanz gesorgt, daß sich noch am selben Tag der Pariser Bürgermeister Jacques Chirac mit der Aktion solidarisierte. Er versprach Beschlagnahmungen leerstehenden Wohnraums. Doch die Obdachlosengruppen wollen sich nicht mit Absichtserklärungen zufrieden geben. Einer ihrer Mitstreiter, der Wissenschaftler Léon Schwartzenberg, forderte die „Menschen in den Vorstädten“ auf, sich der Bewegung im Quartier Latin anzuschließen. Dorothea Hahn