Komisch – ein Mann vor der Tür

■ LEG-Chef Pause berichtet von „Cowboy-Methoden“ bei Flughafen-Ausbau / Holding hat Steuern zweimal bezahlt

Der Kauf von 118 Hektar Ackerfläche für die Erweiterung des Flughafens Schönefeld endete nicht nur im Desaster. Der teuerste Skandal der Großen Koalition, der der Flughafen-Holding bis 1997 ein Defizit von 900 Millionen Mark bescheren wird, hat bereits mit einer Dubiosität begonnen. Bei dem ersten Gespräch zwischen der Berlin-Brandenburger Flughafen Holding (BBF) und der Landesentwicklungs-GmbH Brandenburg (LEG), die für die Holding Flächen „sichern“ sollte, stand ein Mann vor der Tür, dem später ein Großteil von Grundstücken abgekauft werden mußte.

Dies berichtete der Chef der LEG, Germanus Pause, dem Untersuchungsausschuß, der gestern die Beweisaufnahme eröffnete. Der Leiter der Planungsabteilung des Flughafens Schönefeld hatte den Mann für das Gespräch am 10. Dezember 1991 bestellt, doch was der Leiter dabei nicht wissen konnte: Pause kannte den Grundstücksspekulanten zufällig.

Nach den Worten des LEG-Geschäftsführers sei es bei dem Grundstückskauf von Ende 1991 bis Frühjahr 1992 mit „Cowboy- Methoden“ zugegangen. Mehr als die Hälfte der für den damals geplanten Ausbau des Flughafens benötigten Fläche, das sogenannte Baufeld Ost, hat bereits im Sommer 91 den Besitzer gewechselt. Private Eigentümer hatten an die Schweizer Firma Geranos 15 bis 20 Hektar, an eine Liechtensteiner Gruppe und an Ellinghaus jeweils 50 bis 60 Hektar verkauft. Die Entwicklungsgesellschaft habe Käufe daraufhin nur im Baufeld Ost getätigt – wobei sie rund drei Viertel dieser Grundstücke dem Spekulanten abkaufen mußte, der im Dezember vor der Tür der Flughafen- Planungsabteilung wartete.

Den Untersuchungsausschuß, dessen Mitglieder sich durch rund 100 Akten Verträge und Vermerke wühlen müssen, interessierte vor allem, warum für überhöhte Preise von bis zu 400 Mark pro Quadratmeter Flächen gekauft wurden, die für den Ausbau des Flughafens Schönefeld kurz darauf gar nicht mehr benötigt wurden.

Pause wies die Verantwortlichkeit für Fehlentscheidungen von sich und berief sich auf seiner Ansicht nach eindeutige Aufträge der Flughafen-Holding. So habe die LEG von den Geschäftsführern der Holding, Grosch und Henne, eine „lange Liste“ mit zu kaufenden Flurgrundstücken erhalten. Diese befanden sich in dem laut Masterplan für den Ausbau vorgesehenen Bereich. Pause bestätigte, daß es keine Obergrenze für Kaufpreise gab, hielt dies aber für unbedenklich. Schließlich sei jeder einzelne Kauf vor seinem Abschluß mit der BBF abgestimmt worden. Es habe deshalb über Wochen täglich Gespräche zwischen ihm, seinen Anwälten sowie den Rechts- und Planungsabteilungen des Flughafens gegeben.

Die Landesentwicklungs- GmbH hat auch das Kapital für die Käufe besorgt. Banken haben der LEG einen Kredit bis zu 600 Millionen Mark eingeräumt, für den keine Sicherheit hinterlassen werden mußte. „Die haben auf unsere treuen blauen Augen gesetzt“, sagte Pause. Weil die Grundstücke vorerst bei der LEG „geparkt“ wurden, um die Bilanz der Flughafen-Holding eine Zeitlang zu schönen, mußte die Holding zwei Mal die Grunderwerbssteuer von zwei Prozent zahlen. Einmal als die LEG die Grundstücke kaufte und sich selbst als Käufer ins Grundbuch eintragen ließ, und ein zweites Mal, als später die Holding die wertlose Ackerfläche von der LEG offiziell übernahm.

Daß die 118 Hektar Ackerfläche für den Airport nicht gebraucht würden, sei ihm erst nach dem Kauf im April 1992 bekannt geworden, versicherte Pause. Vorher habe die BBF lediglich mehrmals kleine Veränderungen an der Liste der Flurgrundstücke vorgenommen. Dirk Wildt