Global denken, lokal lernen

■ „Bildungswerkstatt Umwelt“ soll Lehrer-Ausbildung in Sachen Ökologie verbessern

Umweltunterricht an Bremer Schulen sieht – wenn überhaupt – häufig so aus: Der Chemie-Kurs macht einen Ausflug zum nächsten größeren Fluß, zieht Wasserproben und analysiert sie auf Schadstoffe und Säuregehalt. Nicht schlecht, meinen Bremer BildungspolitikerInnen, aber auch nicht gut genug. Denn wirklicher Umweltunterricht sollte mehr sein: Wenn der Kurs eine Wasserverschmutzung feststellt, sollten sich die SchülerInnen fragen, woher sie kommt, wer für sie verantwortlich ist und wie man sie stoppen kann, sich vielleicht sogar direkt an den Verschmutzer wenden oder eine Bürgerinitiative starten. „Umweltunterricht muß weg vom Wandertags-Image und muß zu einer Auseinandersetzung der Kinder mit ihrer täglichen Umwelt führen“, meint etwa Wolfram Sailer, bildungspolitischer Sprecher der grünen Fraktion.

Denn „Umweltthemen werden häufig nur als Teil des Biologie-Unterrichts begriffen“, kritisiert Sailer. Das soll sich nun ändern: Bereits im Dezember hat die Bildungsdeputation beschlossen, zum nächsten Schuljahr eine „Bildungswerkstatt Umwelt“ einzurichten. Die Pädagogen aus dieser Werkstatt sollen LehrerInnen das Thema Umwelt näherbringen, auch wenndie andere Fächer als Naturwissenschaften lehren. Außerdem sollen die Mitglieder der „Bildungswerkstatt Umwelt“ den Schulen helfen, Öko-Themen anzuschieben oder selber für eine umweltgerechte Organisation des Schulbetreibs zu sorgen.

Bei genauerem Hinsehen können Öko-Themen für viele Fächer relevant sein, meint Sailer: In den Naturwissenschaften können SchülerInnen Belastungen messen, in Geographie über globale Handelsstrukturen und Umweltprobleme lernen oder sich in Geschichte mit der Historie von Umweltproblemen und Protestbewegungen auseinandersetzen. Spannende Themen, wenn nur die LehrerInnen mehr Interesse an fächerübergreifenden Öko-Themen hätten: „Doch die meisten Lehrkräfte sind seit 20 oder 30 Jahren an den Schulen und haben sich in dieser Richtung nicht fortgebildet.“ Und in der Bildungsbehörde gibt es zwar eine Menge Umwelt-Stellen, aber das sind eben zu viele, hat Horst Hölgert von der Bildungsbehörde in einer Untersuchung für die Bildungsdeputation festgestellt. Seine Kritik: Zuviele Stellen, kein inhaltliches Konzept, kein festes Personal und „kümmerliche Lehrerfortbildung“.

Das soll nun anders werden. Die „Bildungswerkstatt“ soll mit fünfeinhalb Stellen aus anderen Behördenbereichen (also kostenneutral) LehrerInnen das Grüne näherbringen: Neben normalen Weiterbildungen für das Lehrpersonal sollen die Öko-PaukerInnen die Schulen besuchen und mit den LehrerInnen jeweils untersuchen, wieweit es Hilfe bei Themen oder Projekten und beim Arbeitsmaterial geben kann. „Es muß ja auch nicht in jeder Schule beim Thema Umwelt das Rad neu erfunden werden.“ Laut Wolfram Sailer kann es aber nicht darum gehen, heile grüne Natur zu predigen und Stadtkindern nur die Baumsorten des deutschen Waldes einzubleuen: „Die Umwelt der Stadtkinder ist eben Stein und Beton, da interessiert doch viel mehr, was hier noch lebt und wie sich Kinder gegen den Verkehr einsetzen können. Und wer die Gesamtschule West besucht, sollte sich eben verstärkt mit Asbest und PCB auseinandersetzen.“

Daß die „Bildungswerkstatt Umwelt“ kommen wird, ist beschlossene Sache. Nur wo, darüber gibt es noch Tauziehen: Soll sie am „Wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis“ (WIS) angegliedert werden, weil sie für die Fortbildung von Lehrern zuständig ist? Oder soll sie an der Ökologie-Station hängen, weil das thematisch besser paßt und da auch bereits LehrerInnen Schulklassen führen? Wolfram Sailer plädiert für den Standort Ökologiestation: „Es geht ja gerade darum, das Fachdenken und das Festhalten an Stundenplänen aufzuheben. Da erscheint mir die Ökostation die bessere Adresse.“ bpo