„Wissen es zwei, wissen es alle“

■ Leiter der Soko „Dagobert“ und Geldbote widersprechen in puncto Geld

Der mutmaßliche Kaufhauserpresser Arno Funke sagte an einem der ersten Verhandlungstage, daß er statt des Medienrummels lieber die geforderten 1,4 Millionen Mark gehabt hätte. Trotzdem durchforstete er in den zwei Jahren, in denen er fünf Bomben in Karstadt-Filialen hochgehen ließ, die Zeitungen.

Als er zu seiner Überraschung in den Berliner Gazetten nicht eine mickrige Zeile über die Explosion in der Karstadt-Filiale in Bremen im September 1992 fand, entschloß er sich, wenige Tage später mit einer weiteren Bombe in Hannover für Schlagzeilen zu sorgen. Im Unterschied zu allen anderen Anschlägen ließ er diese Bombe während der Geschäftszeit hochgehen, wobei zwei Personen leicht verletzt wurden.

Die Polizei habe gedacht (!), so der stellvertretende Leiter der Soko „Dagobert“, der gestern vor der 33. Strafkammer des Landgerichtes als Zeuge vernommen wurde, daß Arno Funke mit dieser Bombe auf ein Interview im Hamburger Abendblatt reagiert habe. In dem Interview, das nach dem Anschlag in Bremen erschienen war, stand, daß der Kaufhauserpresser nicht fähig sei, eine Bombe während der Geschäftszeit hochgehen zu lassen. „Wir glaubten, daß er deshalb Hannover nachgeschoben habe“, sagte der zweite Soko-Mann.

Arthur H. hatte Funke kurz nach seiner Verhaftung im April 94 vernommen. In der neunstündigen Tonband-Vernehmung habe der Angeklagte gesagt, daß er alles versucht habe, um Menschenleben nicht zu gefährden. Funke, der sofort geständig war, habe anfangs einen Anwalt „kategorisch abgelehnt“. Erst nach einem Gespräch mit seiner Frau habe er den Wunsch geäußert, mit seinem jetzigen Anwalt, Wolfgang Ziegler, zu sprechen. Nachdem sich der Beamte und Funke „beschnuppert“ hätten, habe man sich in „lockerer Atmosphäre“ unterhalten und auch über Dinge, die Funke sagte, gelacht. Auf die Frage nach Mittätern habe er geantwortet: „Weiß es einer, weiß es keiner. Wissen es zwei, wissen es alle.“

Auch der gestrige sechste Prozeßtag brachte keine Klarheit darüber, ob sich bei den diversen gescheiterten Übergaben Geld in den Paketen befunden hatte. Nachdem der Leiter der Soko am Dienstag gesagt hatte, daß beim ersten Übergabeversuch kein Geld dringewesen sei, sagte der gestern vernommene Geldbote, daß dies sehr wohl der Fall gewesen sei. Am kommenden Dienstag ist wieder „Dagobert“-Tag. Barbara Bollwahn