■ Schnittplatz
: Bonengel, bedenklich

Nichts, so möchte man meinen, erträumt sich der Dokumentarfilmer so sehr wie den Skandal, die „Kontroverse“ oder irgendeine andere Form von öffentlicher Relevanz. Nicht so Winfried Bonengel, Regisseur des gelinde gesagt umstrittenen Films „Beruf Neonazi“, der in den anderthalb Jahren seit seiner Erstaufführung zu Auseinandersetzungen bis hin zu einem Gerichtsprozeß gegen den porträtierten Neonazi Bela Ewald Althans führte. Althans hatte sich, so sah es die Staatsanwaltschaft, in seinen Äußerungen der Volksverhetzung schuldig gemacht.

Bonengels Film wurde mittlerweile an einige ausländische Fernsehanstalten verkauft, wogegen sich der Regisseur, der keinerlei Rechte mehr an dem Film hat und nur 10 Prozent der Einnahmen beanspruchen kann, nun in einer von der Frankfurter Rundschau veröffentlichten Erklärung gewendet hat. Heute halte er jede weitere Ausstrahlung des Films für „mehr als bedenklich“. „Die bewußte Skandalisierung des Films durch die Medien“, so Bonengel, „hat dazu geführt, daß manche TV-Anstalten den Film nur zeigen wollen, weil er angeblich kontrovers sei und deshalb hohe Einschaltquoten verspricht. Ich sehe in dieser Haltung eine gewisse Gefahr. (...) Informationen müssen heute manchmal etwas manipuliert und in einen zweifelhaften Kontext gerückt werden, um Aussicht auf kommerziellen Erfolg zu besitzen.“ Zu guter Letzt wünscht er sich noch, die Produzenten möchten die „Gewinne aus den bisherigen Fernsehverkäufen an die Gedenkstätte eines ehemaligen Konzentrationslagers überweisen und gleichzeitig von weiteren Verkäufen Abstand nehmen.“

Natürlich hat Bonengel komplett recht, sich über die Ausbootung der Filmemacher bei Fernsehwiederholungen zu beschweren – in Frankreich streiken Menschen wegen so was. Auch über die Spiegel-TV-isierung, bei der eben immer nur die geilsten Stückchen eines komplexen Features übrigbleiben, kann man sich aufregen. Aber einen Film über ein kontroverses Thema zu machen – nämlich darüber, wie man Rechte filmen darf und wie nicht – und sich dann darüber aufzuregen, daß es aus dem Wald zurückschallt, hat doch etwas Albernes.mn