Eine wassergefüllte Brücke über die Elbe

■ Gestern war Baubeginn beim Verkehrsprojekt deutsche Einheit Nummer 17

Magdeburg (taz) – Gestern betätigte sich der Parlamentarische Staatssekretär im Bonner Verkehrsministerium, Martin Carstens, körperlich. Mit dem ersten Rammschlag leitete er die Arbeiten für eine Trogbrücke über die Elbe ein. Diese wassergefüllte Brücke soll eine direkte Verbindung zwischen Mittellandkanal und Elbe-Havel-Kanal schaffen. Mit einer Schleuse werden die Schiffe über die an dieser Stelle flache Elbe gehievt. Und weil die Brücke als Teil des Projekts Nr. 17 im Katalog der „Verkehrprojekte Deutsche Einheit“ steht, haben UmweltschützerInnen gegen den Bau des unsinnigen Projekts praktisch keine Handhabe.

„Das Ganze ist eine gigantische Geldverschwendung“, findet der Chef vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Jens Vollmann. „Von den vier Milliarden Mark Gesamtkosten für die Verbreiterung der Wasserstraße von Hannover nach Berlin werden allein für diese Trogbrücke eine Milliarde an Steuergeldern sinnlos verschwendet.“ Die übrigen drei Milliarden verteilen sich auf die Verbreiterung der Kanäle um bis zu 20 Meter und eine stellenweise Vertiefung. Dabei ist der vorhandene Wasserweg mit Ausnahme der Elbquerung für 1.000-Tonnen- Schiffe jederzeit befahrbar. Ohne auch nur eine einzige Mark für die Verbreiterung der Kanäle auszugeben, könnte die Transportmenge pro Schiff jederzeit verdreifacht werden, hat der BUND errechnet. Vollmann wirft Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) „Größenwahn“ vor, weil er die Passierbarkeit für Schubverbände von bis zu 3.500 Tonnen gewährleisten will.

Fraglich ist, ob diese Güterverkehrsmenge nach achtjähriger Bauzeit jemals erreicht wird. „Bislang wurden weder beim Elbeseitenkanal noch beim Main-DonauKanal die ursprüngliche Prognosen über das Güterverkehrsaufkommen erreicht“, sagt Vollmann. Im Gegenteil: Trotz des teuren und naturzerstörenden Ausbaus der westdeutschen Wasserstraßen habe der Anteil des Güterverkehrs auf dem Wasserweg beständig abgenommen. „1969 wurden noch 30 Prozent aller Güter auf dem Wasserweg transportiert, inzwischen liegt der Anteil bei unter 20 Prozent“, hat Vollmann errechnet.

Der Wasserstraßenausbau in Ostdeutschland sei nicht zuletzt deshalb unsinnig, weil die Deutsche Bahn AG über ausreichend freie Transportkapazitäten im Güterverkehr verfügt. „Statt diese Kapazitäten zu nutzen, wird die Bahn mit dem öffentlich finanzierten Ausbau der Wasserstraße Hannover–Berlin unnötig unter Kostendruck gesetzt und muß noch mehr Mitarbeiter entlassen, als ohnehin schon geplant“, kritisiert Vollmann. Eberhard Löblich