Schnelligkeit als oberste Priorität

■ Privatwirtschaftlich organisierte Bundesbaugesellschaft (BBB) soll Regierungsbauten vorantreiben / Längere Planung kein Garant für Qualität / Interview mit BBB-Geschäftsführern Winfried Rütter und Michael Kretschmer

Die Bundesbaugesellschaft Berlin mbH (BBB) wird den Aufbau des Parlaments- und Regierungsviertels im Spreebogen koordinieren. Ziel: schnell und kostengünstig bauen. Ein entsprechender Vertrag wurde gestern von Bundesbauminister Klaus Töpfer (CDU) und den BBB-Geschäftsführern Michael Kretschmer (53) und Winfried Rütter (59) unterzeichnet. Damit übernimmt erstmals statt eines schwerfälligen bürokratischen Apparats eine privatrechtlich organisierte Gesellschaft die Durchführung bundeseigener Baumaßnahmen.

taz: Warum gründet der Bund eine privatwirtschaftliche Gesellschaft?

BBB: Die bereits 1993 erfolgte Gründung der Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) hatte zwei Gründe: Zum einen wollte man die Möglichkeiten einer privat geführten Gesellschaft voll ausschöpfen. Zum anderen wollte man diese Gesellschaft freier machen von Änderungswünschen und der Einflußnahme der späteren Nutzer der Bauten: der Parlamentarier und der Regierung.

Hätte das nicht auch von der Bundesbaudirektion (BBD) gemacht werden können, die bisher die Parlaments- und Regierungsbauten geplant hat und noch plant? Ist die BBB nicht ein zusätzlicher Wasserkopf neben der Bundesbaudirektion?

Die Bauaufgabe ist so komplex und muß in so kurzer Zeit bewältigt werden, daß der Hauptstadtausbau von der Bundesbaudirektion (BBD) und der Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) realisiert werden soll. Die Bauherren, Parlament und Regierung, haben sich verständigt, daß die BBB die Bauten im Spreebogenareal vornimmt und die BBD alle weiteren Baumaßnahmen auf Bundesebene, etwa die Sanierung der Altbauten für Ministerien. Da die BBB eine äußerst „schlanke“ Gesellschaft von heute 38 – und künftig maximal 70 – Mitarbeitern ist, kann man sicherlich nicht von einem Wasserkopf reden. Wir versprechen uns viel, unsere Aufgaben unbehindert von Einflußnahmen der Bauherren zu leisten. Der Bund hat sich nicht zuletzt aus diesem Grund für eine privatrechtliche Gesellschaftsform entschieden, in der die Geschäftsführung ihrem Aufsichtsrat verantwortlich ist. Einflußnahmen sind entweder über den Gesellschafter im Aufsichtsrat möglich oder durch ein Verfahren, bei dem nach der Entwurfsplanung dem Nutzer das Konzept vorgelegt wird. Dort kann er seine Wünsche äußern. Wenn das vom Aufsichtsrat abgesegnet ist, wird die Tür zugemacht.

Änderungen, Einsichten und Verbesserungen bleiben dann draußen?

Will der Nutzer noch Änderungen, muß er sie an uns herantragen. Wir kalkulieren die Mehrkosten und die länger dauernden Zeiten und legen das Ergebnis zur Entscheidung dem Aufsichtsrat vor.

Wo bleibt da die „Demokratie als Bauherr“?

Das Verfahren ist keinesfalls undemokratisch. Änderungen und konstruktive Kritik sind möglich. Nur sollten sie so eingebracht werden, daß sie nicht das Verfahren ad absurdum führen. Wir drängen auf Einhaltung des politisch gesetzten Umzugstermins, sind aber gleichzeitig bemüht, auch qualitativ der Bauaufgabe gerecht zu werden.

Wenn Schnelligkeit beim Bauen oberste Priorität hat, leidet da nicht die Qualität darunter?

Der längere Entscheidungsgang ist kein Garant für bessere Qualität, niedrige Kosten und feste Termine. Zeit kostet Geld. Lange Planungsprozesse führen bestimmt nicht zu niedrigen Kosten. Schnelligkeit und Qualitätssicherung sind unsere Prioritäten.

Welche Bauten müssen Sie bis zum Jahr 2000 realisiert haben?

Wir haben den Auftrag für vier Bundesbauten im Spreebogen mit einem Volumen von 2,5 Milliarden Mark: den Umbau des Reichstags, die beiden großen Büroblöcke für die Parlamentarier, die sogenannten Alsen- und Dorotheenblöcke sowie das Bundeskanzleramt. Die BBB managt diese Bauvorhaben, lobt zum Teil die Wettbewerbe aus, vergibt Aufträge, stimmt den Planungs- und Realisierungsprozeß mit den Architekten und Unternehmen ab. Außerdem gibt es die Option auf vier weitere Bauvorhaben im Spreebogenbereich: Bundesrat, Forum, die Erweiterung mit zwei Bauten in den Luisenblöcken.

Baukosten für Regierungsbauten sind auch schon gestiegen, wenn man sich auf neues Terrain eingelassen hat. So experimentiert Norman Foster beim Reichstagsumbau mit einem Öko-Konzept.

Wir können durchaus nachvollziehen, was Foster macht, und wir werden uns bemühen, die ökologischen Komponenten seines Konzepts umzusetzen. Dennoch muß das ökologische Konzept einer ökonomischen Überprüfung standhalten. Das müssen wir errechnen und nachweisen.

Wenn er zu teuer würde, melden Sie an: Das darf nicht sein.

Die Kosten sind beim Reichstag noch stärker gedeckelt als bei den anderen Bauvorhaben. Die Baukosten der übrigen drei Gebäude müssen ja noch genau ermittelt werden. Jetzt kann man sie nur grob schätzen. Beim Reichstag ist der Fall ja umgekehrt. Da hat man gesagt: es darf nicht mehr als 600 Millionen kosten. Und in dem Rahmen wollen wir uns bewegen. Foster hat gegenüber der Bundestagspräsidentin Süssmuth und uns erklärt, er habe sich bei seinen Bauten immer innerhalb des vorgegebenen Kostenrahmens bewegt und den nie überschritten.

Gibt es eine Öko-Bilanz für den Reichstag?

Die Frage dreht sich im Augenblick darum: Wenn wir das Gebäude extrem ökologisch energetisch versorgen würden, dann hätten wir hohe Betriebskosten. Denn Tatsache ist, daß sowohl bei der Investition als auch beim Verbrauch die konventionelle Energie noch das billigste ist. In Zukunft hofft man, daß sich die hohen Investitionskosten durch niedrige Betriebskosten ausgleichen lassen. Wenn man heute beispielsweise Rapsöl einsetzt, ist das zwei- bis dreimal so teuer wie Heizöl.

Das Parlament stellt sich in der Frage auf den Standpunkt, daß eine vertretbare Verteuerung in Kauf genommen werden sollte, die allerdings im verbindlichen Gesamtbudget von 600 Millionen Mark ausgeglichen werden muß. Es sagt, wir müssen mit einer Vorbildfunktion vorangehen, um zu zeigen, daß es Sinn macht, diese regenerativen, für die Ökologie günstigen Energien einzusetzen. Hier will man ein Zeichen setzen. Wahrscheinlich wird am Ende ein konventionelles und ein ökologisches Konzept eingesetzt.

Bringt die Debatte über die Kuppel oder die Sitzordnung weitere Unwägbarkeiten mit sich?

Es ist derzeit die architektonische und funktionale Aufgabe, die jeweils optimale Lösung für das Reichstagsgebäude zu finden. Dazu gehört die Sitzanordnung im Plenarsaal, und dazu gehört eine sich ständig weiterentwickelnde Detaillösung der Kuppel, die sich schon sehr konkretisiert hat. Es geht nicht mehr um das Grundsätzliche – ob Kuppel oder nicht –, sondern darum, wie sie ausgebildet wird. Mit der Sitzordnung wird sich das Plenum sicher noch einmal beschäftigen. Es geht ja um das Herzstück des Parlaments.

Inwieweit tangieren die BBB- Bauvorhaben die Berliner Grundwasserprobleme oder die Diskussionen um die Tunnel- und Stadtplanung?

Wir sind im Zeitplan. Technisch ist die Nähe der Spree kein Problem. Die Tunnel führen nicht unter unseren vier Bauten hindurch. Natürlich sollten die so früh wie möglich gedeckelt sein.

Die Entwürfe für die Dorotheenblöcke wurden von der Berliner Bauverwaltung als monströs und ghettoartig kritisiert.

Das ist bei der Senatsverwaltung mißverstanden worden. Ein längst weiterentwickelter Masterplan beschäftigt sich mit groben städtebaulichen Strukturen. Die Berliner Seite hat da schon sehr viel Architektur hineingedeutet. Wir verstehen die ganze Kritik nicht. Gerade bei den Dorotheenblöcken ist man ja der Grundidee des Berliner Senats gefolgt, in Anlehnung an die ehemalige Blockstruktur das Quartier zeitgemäß wiederherzustellen. Gleichzeitig soll bei einem so großen Bauvorhaben durch unterschiedliche Handschriften vielfältige Architektur entstehen. Gerade in die Dorotheenblöcke wollen wir Urbanität hineinholen, indem wir Cafés und Läden planen.

Kritisiert wurde die innere Vernetzung, der nichtöffentliche Charakter der Planung.

Gerade die Positionierung des Komplexes mitten in Berlin, die Anbindung an die Clara-Zetkin- Straße und das Bauen zwischen Ebertstraße und Wilhelmstraße ist eine innerstädtische Lage, wie sie besser und volksnaher nicht zu finden ist.

Sicherheitsansprüche beinhalten keine „Volksnähe“.

Bei den Entwürfen zum Bundeskanzleramt ist dies schon gut gelöst worden. Man wird die Abschirmung nach außen nicht brauchen, weil man mit dem Kanzlertrakt in die Mitte gegangen ist. Bei den Dorotheenblöcken, dem Reichstag und Alsenblock werden sich die Sicherheitsmaßnahmen auf Eingangskontrollen beschränken. Hier wird eine offene, transparente Architektur entstehen. Die Clara-Zetkin-Straße wird eine Stadtstraße.

Es gibt Überlegungen, die Clara-Zetkin-Straße zu schließen.

Allenfalls ist in der Diskussion, den Verkehr dort zu beruhigen. Interview Rolf Lautenschläger