Ein Vortrag ganz für mich allein

■ Waldbrandgefahr und Verschwörungstheorien beschäftigen den Nichtraucherverband

„Man weiß, da steigt was hoch. Aber das kann man in Zahlen gar nicht fassen.“ Ingrid Freitag, Vorsitzende des Berliner Nichtraucherbundes, blickt erwartungsvoll in die handverlesene Runde, die sich im Umweltbüro Weißensee eingefunden hat. Ihr Referatsthema: Umweltverschmutzung durch Rauchen.

Frau Freitag hatte einen Vereinskollegen mitgebracht, der Mitarbeiter des Umweltbüros, Wilfried Platzek, war wohl zur Anwesenheit verpflichtet, und ganz überraschend tauchte noch der Künstler der Rahmenausstellung „Kunst contra Gift“, Klaus D. Bethge, auf. Das war's dann auch schon. Publikum war keins da. Gründe dafür gab es, logisch, so einige: das schlechte Wetter, die spärliche Werbung, und überhaupt sei Montag ein ganz blöder Tag für Veranstaltungen. Aber, immerhin, die taz war gekommen. Deshalb ließ man die Veranstaltung auch nicht ausfallen. Ein Vortrag ganz für mich allein!

Zuerst wurde altbekanntes wie die Schädlichkeit von Monokulturen und Pestiziden referiert. Danach verhedderte sich Frau Freitag in Zahlenkolonnen und Forschungsinstituten. „Na ja, so genau braucht man das ja auch nicht aufzulisten“, beschwichtigte der Vereinskollege. Damit stieß er bei der Referentin jedoch nicht auf Zustimmung, und so versuchte sie es noch einmal. „Allein die Filterzigaretten in Deutschland verursachen zehnmal soviel giftige Kohlenwasserstoffe wie eine Müllverbrennungsanlage“, dozierte sie. Diese Zahlen stammen von dem Kernforschungszentrum in Karlsruhe, das müßte ich unbedingt schreiben.

Doch damit nicht genug. Eine Bedrohung für die Umwelt sei auch die Brandgefahr durch Raucher. Die sei gestiegen, weil „die Schickimicki-Yuppies ihre Zigaretten nicht mehr ausdrücken, wenn sie sie wegwerfen“. Und wer sich daran erst einmal gewöhnt habe, werde sich überall so verhalten, auch „im Bett“, warf ihr Kollege ein. Damit lag er aber falsch, denn es ging um die Gefahr von Waldbränden.

Im Anschluß wurde noch ein bißchen gejammert. Über das Desinteresse von Greenpeace und Robin Wood sei man sehr enttäuscht. Der Künstler vermutete eine Verschwörung. Er habe gehört, die würden von der Tabakindustrie unterstützt. Dieser Theorie schob der Umweltbüro-Mitarbeiter allerdings schnell einen Riegel vor. Die beiden Organisationen hätten andere Schwerpunkte, beruhigte er.

Also ging man zur Politikerschelte über. Die Stahmer und der Gysi, das seien die schlimmsten! Von solchen Politikern sei nichts zu erwarten, denn „Feinheiten des Empfindens und Kreativität können von Rauchern nicht erwartet werden“, sprach der Künstler, der schließlich Fachmann in diesen Bereichen ist.

Nach zwei Stunden harmonischen Beieinanders unter Gleichgesinnten trennte man sich. Frau Freitag und ihr Kollege fuhren mit dem Auto heim. Ich rauchte eine und schwang mich auf mein Fahrrad. Gesa Schulz